Lage auf der Krim verschärft sich unaufhaltsam

In der Nacht versuchen Uniformierte, die Flughäfen zu besetzen. Präsident Janukowitsch meldet sich aus Russland zu Wort.
dpa |
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Auf der Krim verschärft sich die Lage von Tag zu Tag. In der Nacht versuchen Uniformierte, die Flughäfen zu besetzen. Europa ist besorgt. Russland aber zündelt weiter.

Kiew/Moskau - Das ukrainische Parlament forderte den Nachbarn Russland am Freitag in einem scharfen Appell auf, alle Handlungen zu unterlassen, die die territoriale Einheit des Landes gefährdeten. In der Nacht waren etwa 50 bewaffnete und uniformierte Männer in Geländewagen ohne Kennzeichen sowie mit russischen Fahnen auf dem Krim-Flughafen Simferopol aufmarschiert.

Der gestürzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch erklärte bei einer Pressekonferenz in Russland, er halte sich weiter für den rechtmäßigen Staatschef.

Die ukrainischen Abgeordneten appellierten zudem an den Weltsicherheitsrat, sich mit der Lage in der krisengeschüttelten Ex-Sowjetrepublik zu befassen. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte dem neuen ukrainischen Regierungschef Arseni Jazenjuk Unterstützung bei der wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung des Landes zu.

Russische Abgeordnete heizten die Diskussion über eine Abspaltung der Krim von der Ukraine mit einem Gesetzentwurf weiter an. Künftig soll bereits ein Referendum und nicht wie bisher ein völkerrechtlicher Vertrag genügen, damit sich ein fremdes Land oder Landesteil Russland anschließen kann, heißt es in dem Entwurf, der in der Duma in Moskau vorgestellt wurde.

Die mehrheitlich von Russen bewohnte Autonome Republik Krim hat für den 25. Mai ein Referendum über ihre Zukunft angesetzt. An diesem Tag wird in der Ukraine auch ein neuer Präsident gewählt. Ex-Boxprofi Vitali Klitschko tritt dabei auch gegen die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko an. Diese habe ihm selbst vor zwei Tagen mitgeteilt, dass sie kandidieren wolle, sagte Klitschko am Freitag.

Der Zwischenfall auf dem Flughafen Simferopol dauerte nicht lange, die bewaffneten Männer zogen sich nach kurzer Zeit wieder zurück. Nach dem Vorfall entließ Übergangspräsident Alexander Turtschinow Generalstabschef Juri Iljin.

Am Mittag sagte der Chef des Nationalen Sicherheitsrates, Andrej Parubij, die ukrainische Regierung habe volle Kontrolle über die Flughäfen auf der Krim. Die mutmaßlichen Angreifer hätten Kontrollpunkte auf den Zufahrtsstraßen eingerichtet. "Aber faktisch kontrollieren ukrainische Sicherheitskräfte die Flughäfen", sagte Parubij.

Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow warf Russland militärische Einmischung vor. Moskau verletze "alle internationale Verträge und Normen". Awakow behauptete, mehr als 100 russische Soldaten seien auf dem Flughafen aufgetaucht. Zudem würden Angehörige der auf der Krim stationierten russischen Schwarzmeerflotte den Airport der Stadt Sewastopol blockieren. Ein Sprecher der Schwarzmeerflotte wies die Vorwürfe energisch zurück.

Die Außenminister von Deutschland, Polen und Frankreich äußerten sich in einer gemeinsamen Erklärung "zutiefst besorgt" über die Spannungen auf der Krim. "Es muss alles unternommen werden, um die Spannungen in den östlichen Regionen des Landes zu vermindern und einen friedlichen Dialog zwischen allen beteiligten Kräften zu fördern", forderten Frank-Walter Steinmeier, Radoslaw Sikorski und Laurent Fabius. Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr ukrainischer Kollege Jazenjuk seien sich einig gewesen, dass die territoriale Integrität der Ukraine gewahrt werden müsse, teilte die Bundesregierung nach einem Telefonat der beiden Regierungschefs am Freitag mit.

Knapp eine Woche nach seiner Entmachtung trat Janukowitsch erstmals in seinem Exil in Russland an die Öffentlichkeit. Bei einer Pressekonferenz in Rostow am Don bekräftigte er seine Ansicht, er sei rechtmäßiger Präsident des Landes und wolle weiter um sein Land kämpfen.

Zugleich warnte er vor einem Blutvergießen auf der Krim. Was jetzt dort geschehe, sei eine "natürliche Reaktion" auf die Machtergreifung durch "Banditen" in Kiew, sagte Janukowitsch. Die Krim solle mit einer erweiterten Autonomie im Bestand der Ukraine bleiben, mahnte er.

In der Schweiz und Österreich wurden unterdessen Konten von Janukowitsch und Mitgliedern seiner früheren Regierung gesperrt. Die Regierung in Bern verfügte die Sperrung der Konten und stellte per Verordnung jegliche Handlung unter Strafe, die eine "Verwaltung oder Nutzung" dieser vermutlich durch Korruption angehäuften Gelder ermöglicht. Viele der 20 Betroffenen auf der vom Schweizer Bundesrat veröffentlichten Liste sind ehemalige Minister der gestürzten Regierung. In Österreich sind Konten von 18 Ukrainern betroffen.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte vor "Panikmache" wegen der Finanzkrise der Ukraine. IWF-Chefin Christine Lagarde sagte am Freitag nach einem Treffen mit Steinmeier in Washington: "Wir sehen nichts, was kritisch ist oder was im Moment Panik rechtfertigt." Steinmeier mahnte abermals dazu, Russland in die internationalen Hilfsbemühungen einzubinden.

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