Lafontaines Triumph: Linken-Erdrutschsieg im Saarland

Im Saarland übertrifft der ehemalige Ministerpräsident und alle Erwartungen und wird nun zum Königsmacher. CDU-Regierungschef Peter Müller droht der direkte Sturz in die Opposition
Für die CDU im Saarland ist es ein Erdrutsch: Sie stürzt von der absoluten Mehrheit vielleicht sogar direkt in die Opposition. Und für Oskar Lafontaine, den langjährigen Ministerpräsidenten, geflohenen SPD-Chef und heutigen Chef der Linken, wurde die Wahl zum Triumph.
Und so ging es aus: Die CDU verliert nach dem vorläufigen Endergebnis drastisch von 47,5 auf 34,5 Prozent, ein Absturz von 13 Prozentpunkten. Die SPD kann davon nicht profitieren, auch sie büßt Stimmen ein und fällt von 30,8 auf 24,5 Prozent. Gewinner der Wahl ist die Linke: Unter ihrem Spitzenkandidaten Lafontaine kann sie sich von 2,3 auf 21,3 Prozent verzehnfachen, sie landet nur knapp hinter der SPD. Auch die FDP legt zu: von 5,2 auf 9,2 Prozent. Die Grünen bleiben nahezu stabil bei 5,9 Prozent.
Rot-Rot-Grün und Jamaika hätten im Saarland eine Mehrheit
Damit ergeben sich folgende Koalitionsmöglichkeiten: Für die CDU alleine reicht es sowieso nicht mehr, aber auch nicht mal für Schwarz-Gelb. Rechnerisch möglich ist natürlich eine große Koalition. Aber es gibt noch zwei weitere Bündnisse, die eine Mehrheit hätten: Rot-Rot-Grün und Schwarz-Grün-Gelb. Und beide werden von allen Beteiligten für durchaus machbar gehalten.
Welches der drei Bündnisse künftig regiert, ist nun Verhandlungssache: In den nächsten Tagen wollen alle mit allen reden. Saar-Ministerpräsident Peter Müller (CDU) gab sich am Wahlabend betont offen. Die drastischen Verluste lächelte er freundlich weg: „Es war ja klar, dass wir das Ergebnis von letztem Mal nicht wiederholen können.“ Er könne sich ein Jamaika-Bündnis mit den Grünen gut vorstellen, „da gibt es bestimmt keine unüberwindlichen Hindernisse“. Auch mit der SPD sei eine Koalition möglich, sagte Müller sehr freundlich Richtung Sozis.
Die Grünen sind jetzt Zünglein an der Waage
Allerdings: Es wäre auch eine Koalition ohne Peter Müller möglich. Heiko Maas (SPD) sagte, auch er habe eine Mehrheit, die ihn zum Ministerpräsidenten wählen könne: aus SPD, Linken und Grünen. Er werde natürlich gerne das Gesprächsangebot der CDU annehmen, so Maas, aber: „Dies geht nur mit einem Politikwechsel.“ SPD-General Reinhold Jost: „Wir werden sehen, mit wem wir den Wechsel gestalten können.“
Eine Schlüsselstellung kommt unvermutet den Grünen zu – um sie buhlt nun sowohl die CDU wie auch die SPD. Und die Saar-Grünen halten sich, bei aller grundsätzlichen Vorliebe für die SPD, bewusst alle Möglichkeiten offen. Eine interessante Konstellation: SPD wie Grüne haben mehrere Optionen. Jetzt kommt es tatsächlich daran auf an, wer wem bei den anstehenden Verhandlungen was zu bieten hat.
Sieger der Wahl ist klar Oskar Lafontaine: Noch nie war die Linke in einem westdeutschen Bundesland überhaupt zweistellig; intern hatte die Parteispitze 15 Prozent als Zielmarke ausgegeben. Nun sind es über 20. Lafontaine: „Es wäre Koketterie, wenn ich nicht zugeben würde, dass das auch was mit mir zu tun hat.“ Seine Linie: „Wir wollen uns an dieser Regierung beteiligen. Und wir werden alles dafür tun, dass sie zustande kommt.“
Er selbst wird aber nicht dabei sein: auf die Rolle des Junior-Partners unter Heiko Maas, den er einst selbst entdeckt hatte, hat das Alpha-Tier keine Lust. Er habe immer gesagt, Chef oder gar nicht, so Lafontaine. „Deshalb werde ich meine Arbeit in Berlin fortsetzen.“ Vermutlich wird er seinen Landeschef Rolf Linsler, einen etwas unbeholfenen, aber tausendprozentig loyalen Ex-Sozi, als Statthalter an der Saar installieren. Und mit dem Ergebnis im Rücken seine Karriere in Berlin forcieren: 2010 hört Co-Partei-Chef Lothar Bisky auf. Die alleinige Spitze ist Lafontaine nun kaum noch zu nehmen – doch damit schwindet wieder die Chance auf ein Bündnis mit der SPD im Bund.
tan