Kurzarbeit bei Siemens: „Dramatische Einbrüche“

Die Krise trifft nun auch Siemens voll. 20000 Beschäftigte arbeiten kurz – sogar Angestellte. Der Betriebsrat fordert eine Neuausrichtung der Firma: Der Konzern soll Jobs sicher, statt immer nur auf den Aktienkurs zu schielen.
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MÜNCHEN/NÜRNBERG - Die Krise trifft nun auch Siemens voll. 20000 Beschäftigte arbeiten kurz – sogar Angestellte. Der Betriebsrat fordert eine Neuausrichtung der Firma: Der Konzern soll Jobs sicher, statt immer nur auf den Aktienkurs zu schielen.

Anfang des Jahres war die Siemens-Welt noch in Ordnung. Gerademal ein paar hundert Beschäftigte in Kurzarbeit vermeldete Vorstandschef Peter Löscher auf der Hauptversammlung des Konzerns – ein Klacks gemessen an gut 130000 Mitarbeitern in Deutschland.

Doch jetzt erreicht die Krise auch den Elektrokonzern mit voller Wucht – so stark, dass gestern der Betriebsrat Alarm schlug. Für rund 20000 Beschäftigte gebe es mittlerweile schon Kurzarbeit oder diese sei fest vereinbart. „Die Geschwindigkeit der Beschäftigungseinbrüche ist dramatisch“, sagt Vize-Betriebsratschefin Birgit Steinborn. Betroffen sei bislang vor allem der Industrie-Bereich. Dort sind es insbesondere die Automations-Sparte und der Lampenhersteller Osram. Doch es zeichne sich „die Ausweitung auch auf Sparten mit mehrjährigen Auftragszyklen“ ab, so Betriebsrätin Steinborn – also etwa auf den Energiebereich.

„Energie- und Medizintechnik sind noch gut ausgelastet“, sagt dagegen Siemens-Personalchef Siegfried Russwurm. Er kündigte jedoch ebenfalls eine deutliche Ausweitung der Kurzarbeit an: 12000 Beschäftigte seien es aktuell, bis Juni soll es 19000 werden.

Der Betriebsrat verweist auf eine „neue Qualität“ der Kurzarbeit. Es seien jetzt nicht mehr nur Arbeiter in der Produktion betroffen. Auch Angestellte würden davon erfasst. Beispiele: der IT-Bereich in München-Perlach oder die Hauptverwaltung von Siemens-Industry in Nürnberg-Moorenbrunn.

Angesichts der dramatischen Entwicklung fordern die Arbeitnehmer eine Neuausrichtung des Konzerns – einen „New Deal zwischen Firmenleitung, IG Metall, Gesamtbetriebsrat und örtlichen Betriebsräten“. Das Ziel: Siemens solle seine Geschäftspolitik weniger am Aktienkurs als an der Beschäftigungssicherung orientieren. „Siemens wird seit Jahren an den Interessen kurzfristiger Aktienspekulation ausgerichtet, nicht an langfristiger und nachhaltiger Entwicklung. Das muss sich ändern“, sagt Betriebsrats-Chef Lothar Adler. Er fordert den Erhalt der Jobs und der Standorte.

Mit betriebsbedingten Kündigungen rechnet der Betriebsrat allerdings nicht. Ein Beschäftigungspakt schließe das bis September 2010 aus. Der Konzern freilich sieht das anders: „Der Pakt bezieht sich nur auf Kosteneinsparungen in der Verwaltung. Nicht auf das gesamte Unternehmen“, sagt ein Siemens-Sprecher. Personalchef Russwurm schließt daher auch betriebsbedingte Kündigungen nur bis zum Herbst 2009 aus – dem Ende des Geschäftsjahres.

Bei der IG Metall glaubt man dennoch: „Bei Siemens muss derzeit niemand Angst um seinen Job haben.“ Der Konzern stehe beim Anteil der Kurzarbeiter noch vergleichsweise gut da. In der gesamten bayerischen Metallindustrie arbeiten nach Berechnungen der Gewerkschaft mittlerweile rund 250000 Beschäftigte kurz – das ist jeder dritte Arbeitnehmer.

aja

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