Kurz und kuschlig

Horst Seehofers erster Aschermittwoch: Es gibt kaum Geld für eine tolle Show und kaum Gegner zum Draufhauen. Seine Botschaft: „Wir sind wieder wer“
von  Abendzeitung
Tiefschwarzes Hochamt: der politische Aschermittwoch der CSU soll heuer wieder traditioneller bierzeltmäßig werden.
Tiefschwarzes Hochamt: der politische Aschermittwoch der CSU soll heuer wieder traditioneller bierzeltmäßig werden. © dpa

PASSAU - Horst Seehofers erster Aschermittwoch: Es gibt kaum Geld für eine tolle Show und kaum Gegner zum Draufhauen. Seine Botschaft: „Wir sind wieder wer“

Er war die Jahreshauptversammlung der christsozialen Fundis. Das schwarze Hochamt und das Glaubensbekenntnis der CSU. Der Franz-Josef-Strauß-Gedenktag. Die Edmund-Stoiber-Wallfahrt. Ein Komödienstadl. Ein krachlederner Exorzismus. Ein Mir-san-mir-Spektakel, wo die CSU ein halbes Jahrhundert lang dem Rest der Republik gezeigt hat, wie man es macht. Doch nun, nach dem Verlust der absoluten Mehrheit in Bayern, haben sich die Zeiten geändert. Die CSU muss den größten politischen Stammtisch am Aschermittwoch neu erfinden – als Horstis Kuschelstunde. Bei Seehofers erstem Mal ist alles ein bisschen anders.

Denn die Aschermittwochs-Gemeinde braucht nach dem Wahldesaster im Herbst vor allem Streicheleinheiten. Die funktionieren am besten in weiß-blauer Bierzelt-Atmosphäre. Mit ein paar Maß lässt sich die schwarze Truppe am leichtesten wieder aufrichten und ermutigen, ihr Schicksal ertragen. Und Seehofer will zu seiner Aschermittwochs-Premiere sogar den Trachtenjanker rausholen. Seine Botschaft wird sein: „Die CSU ist wieder da.“

Kein modernes Schnick-Schnack mehr

Morgen soll nun alles wieder so werden, wie es einmal war. Damals, in der rauch- und biergeschwängerten Nibelungen-Halle, bevor die abgerissen wurde und die CSU in das neugebaute Kongresszentrum umziehen musste, in der man nicht rauchen darf: eine einfache Bühne, auf der die Blaskapelle sitzt und ein Rednerpult steht. Ohne modernes Schnick-Schnack wie in den vergangenen Jahren. Was aber in Wahrheit nicht an der neuen Bescheidenheit der CSU liegt. Sondern an ihrer Kasse, die gemeinsam mit den Wählerstimmen gewaltig geschrumpft ist.

Geschrumpft ist auch der politische Gegner. Das ist Horst Seehofers Hauptproblem, wenn er morgen in Passau erstmals die Hauptrolle spielt. „Gegen die FDP darf ich nichts sagen“, sinnierte er schon in einer Kabinettssitzung. Denn mit der muss er schließlich gemeinsam Bayern regieren. Gegen die Freien Wähler will er nichts sagen: „Die werde ich doch nicht hochjubeln.“ Und über die SPD braucht er nichts sagen: „Die Sozis interessieren in Bayern doch niemanden.“

"Hau den Lukas ist nicht mein Ding"

Was bleibt also? Draufhauen will Seehofer nicht. „Hau den Lukas, wie auf dem Oktoberfest, das war nie mein Ding“, sagt er. „Das Destruktive wollen die Leute nicht, vor allem nicht in ernsten Zeiten.“ So wird er wohl plaudern, so wie er es am liebsten tut: über Berlin, wo die CSU dank ihm wieder auf Augenhöhe mit der Kanzlerin ist. Über die Steuersenkung, die er durchgesetzt hat. Über die neue Basisdemokratie in der CSU, die er angeblich eingeführt hat. Über seinen Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: „Das ist ein guter Mann.“ Über seine beiden Spitzenkandidaten, die die CSU in den Europa- und Bundestagswahl führen müssen. Markus Ferber und Peter Ramsauer: „Beide sind für mich erste Wahl.“

Lange wird der CSU-Chef und Ministerpräsident nicht reden – jedenfalls keine zweieinhalb Stunden, auf die es im Vorjahr das schwarze Tandem Günther Beckstein und Erwin Huber bei seinem Intermezzo gebracht hat. Und auch keine zwei Stunden wie sein Vorvorgänger Edmund Stoiber.

So wird der erste Aschermittwoch mit Seehofer als der kürzeste in die Geschichte eingehen. Und falls es ihn gegen alle Beteuerung doch noch überkommen sollte, ein bisserl Volksfeststimmung zu zaubern, ist die Formel ganz einfach: Kein EU-Beitritt der Türkei! Bei uns gilt das Grundgesetz und nicht die Scharia! Wir beugen uns nur vor dem Kreuz und nicht vor dem Zeitgeist! Und die Blasmusik spielt dazu. Dann ist die schwarze Welt zumindest ein paar Maß lang wieder in ihren Fugen – und alle werden johlen. Angela Böhm

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