Kritik an den Ex-Geiseln
Frei, aber unter Beschuss: Die Militärbeobachter der OSZE sind zuhause. Jetzt regt sich in der Union Kritik an ihrem Einsatz in der Ukraine. War er zu riskant?
Berlin - Gebracht hat die Aktion am Ende niemandem was, nicht einmal dem selbst ernannten prorussischen Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow. Am Wochenende wurden die zwölf OSZE-Militärbeobachter, die in der Ostukraine als Geiseln genommen worden waren, freigelassen – ohne Gegenleistung. In Deutschland gab ihr Schicksal Anlass zur Kritik an der Bundeswehr.
Die Männer, unter ihnen vier Deutsche, landeten am Samstagabend in Berlin und wurden von Bundesverteidigungsministerin von der Leyen (CDU) empfangen. Wie groß die Anspannung während der Geiselhaft war, zeigte sich an den Worten von Bundeswehr-Oberst Axel Schneider: „Gestern Abend lagen wir noch unter Feuer, jetzt haben wir unsere Familien gesehen. Das hätten wir vor einem Tag noch nicht für möglich gehalten.“ Kritisch war die Lage der Gefangenen geworden, als das ukrainische Militär am Donnerstag gegen die Separatisten in Slawjansk vorrückte.
CSU-Vizechef Peter Gauweiler nahm Ursula von der Leyen unter Beschuss und hinterfragte den Einsatz der Männer in dem Krisengebiet. Er verstehe nicht, „dass es unser Interesse sein soll, uns in dieser plumpen Weise noch tiefer in den Konflikt hineinziehen zu lassen“, sagte er dem „Spiegel“. Er habe sich gefragt, „warum zum Beispiel bedankt sich ein deutscher Offizier bei seinem Geiselnehmer in einer öffentlichen Pressekonferenz? Der ganze Vorgang macht auch für die Bundeswehr einen unguten Eindruck“. Zuvor hatte bereits die Linke die Entsendung der Gruppe unklug und „zutiefst unprofessionell“ genannt.
Oberst Axel Schneider hatte sich am Samstag mit einem Händedruck von Wjatscheslaw Ponomarjow verabschiedet, nachdem dieser und seine Milizen die OSZE-Beobachter acht Tage lang im Regierungsgebäude von Slawjansk gefangen gehalten hatten. Ursula von der Leyen verteidigte den Einsatz der Soldaten: Die Bundesregierung dürfe sich „nicht einschüchtern lassen“. Immerhin habe sie nicht irgendjemanden, sondern hochkarätige Experten in die Ukraine geschickt. Es sei darum gegangen, das militärische Potenzial der Ukraine einzuschätzen, „damit auch die Diplomatie weiß, wie sie es einzuschätzen hat“.
OSZE-Unterhändler Mark Etherington, der mit Ponomarjow verhandelt hatte, zeichnete das Bild eines konfusen Spontan-Revolutionärs: „Anfangs gab es die Forderung, die Geiseln gegen andere Gefangene auszutauschen. Derlei Entscheidungen aber konnten wir gar nicht treffen. Dann forderte Ponomarjow, dass die Gefangenen dafür werben sollten, dass diese Region der Ukraine politisch anerkannt wird. Am Ende wurden die Geiseln aber ohne Bedingungen freigelassen.“ Unklar blieb, ob – und wenn ja, welche – Rolle Ex-Bundeskanzler Schröder bei der Freilassung hatte, und ob Ponomarjow auf Druck Moskaus handelte. Nach der Freilassung sagte der Sondergesandte des Kremls, Wladimir Lukin, die „Volksmiliz“ in Slawjansk habe eine „edle Geste“ vollzogen. Sie sei ein „humanitärer Akt des guten Willens“.