Kristina Köhler: Kohl-Jüngerin und Twitter-Fan

BERLIN - Weiblich, ledig, jung: Die designierte Bundesfamilienministerin Kristina Köhler, die am Montag von Bundespräsident Horst Köhler vereidigt wird, steht für eine neue Generation von Konservativen. An Selbstbewusstsein mangelt es der 32-jährigen Hessin nicht
Was für ein kometenhafter Polit-Aufstieg: Noch am Donnerstag hat die CDU-Bundestagsabgeordnete Kristina Köhler als Innenexpertin im Bundestag eine Rede zu „behördlichen Übermittlungspflichten bei illegalen Migranten“ gehalten. Keine 24 Stunden später war sie designierte Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Und am Montagmorgen wird Bundespräsident Horst Köhler die 32-jährige Wiesbadenerin offiziell zur Nachfolgerin Ursula von der Leyens in Bundeskanzlerin Angela Merkel Kabinett bestellen.
Dabei ist die ledige, kinderlose Köhler kaum als Fachfrau für die Themen des Leyen-Ressorts aufgefallen, die SPD-Kanzler Schröder einst als „Gedöns“ verspottet hat. Im Bundestag machte sie vielmehr mit schneidigen Äußerungen über Integration, Islam und Extremismus auf sich aufmerksam – so forderte sie die Überwachung der Linkspartei durch den Verfassungsschutz. Als Obfrau im BND-Untersuchungsausschuss grillte die mädchenhaft wirkende Frau knallhart hochkarätige Zeugen wie Frank-Walter Steinmeier. Die „Welt“ hatte bei ihrem Auftritt sogar die Erscheinung, mit ihr sei „die alte Rechts-CDU der Dreggers und Kanthers in einem Armani-Kostüm wiederauferstanden“.
Man sollte die Protestantin, die am liebsten „Rosenstolz“ hört, gerne die „Lindenstraße“ anschaut und Perlenketten mag, aber nicht in eine erzreaktionäre Schublade stecken. Am Sonntag lobte die neue Ministerin, der eine Sympathie für Schwarz-Grün nachgesagt wird, sogar gleichgeschlechtliche Partnerschaften: „Auch dort werden Werte gelebt, die für unsere Gesellschaft entscheidend sind. Oft sogar sehr konservativen Werte.“ Das Betreuungsgeld sieht sie sehr skeptisch. Da gebe es einen „starken Zielkonflikt“.
Direkt vom Hörsaal in den Bundestag
Seit sie am 14.Geburtstag als bekennender Helmut-Kohl-Groupie in die Junge Union eingetreten ist, hat sich Köhler eifrig ein Netzwerk aufgebaut. In Mainz studierte sie Soziologie, Geschichte und Politik, schrieb ihre Doktorarbeit bei Parteienforscher Jürgen Falter. Aus dem Hörsaal ging’s direkt in den Bundestag. In ihrer ersten Pressemitteilung berichtete Köhler 2002 noch brav über einen Besuch bei der Wiesbadener Gärtnerei „Butterblümchen". 2008 klang das ungleich selbstbewusster: „Köhler vernimmt Steinmeier“, teilte sie stolz auf ihrer Homepage mit.
Köhler, die mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten und Innenstaatssekretär Ole Schröder (38) zusammenlebt, zählt im Parlament zur „Generation Web 2.0“. Sie hält auf „Facebook“ mit 550 „Freunden“ Kontakt, lässt sich beim SMS-Tippen hinterm Lenkrad fotografieren und informiert die Öffentlichkeit via „Twitter“ über ihre politische Arbeit – das will sie auch als Ministerin fortsetzen. „Wundere mich über Diskussion, ob ich weiter twittere – selbstverständlich! Ich verzichte doch auch nichts aufs Briefeschreiben!“, zwitscherte sie. Das klingt ähnlich forsch wie Köhlers Lieblingszitat: „In der Politik ist es wie in der Liebe. Manchmal muss man handeln statt reden.“
Markus Jox