Krisengipfel im Kanzleramt: Die Drei von der Zankstelle

BERLIN - Die Obersten sollen es richten: Merkel, Westerwelle und Seehofer treffen sich zum Krisengipfel – und ausdrücklich ohne kirchlichen Segen. Die Themen? Von der Steuerpolitik bis zur Gesundheitsreform.
Jetzt sollen es also die drei Parteichefs richten: Am Sonntagnachmittag sind Bundeskanzlerin Angela Merkel, Guido Westerwelle und Horst Seehofer unter sechs Augen im Kanzleramt zusammengetroffen, um im ewigen schwarz-gelben Koalitionsgezänk die Friedenspfeife zu paffen – allerdings ausdrücklich ohne bischöflichen Segen. Gerade Politiker sollten ein Zeichen setzen und sonntags keine Arbeitssitzungen abhalten, grollte der katholische Oberhirte von München und Freising, Reinhard Marx – und kritisierte, dass die Vorsitzenden im fernen Berlin sich nicht um die Sonntagsruhe scherten: „Das finde ich nicht gut. Sonntag ist Sonntag.“ Die AZ gibt einen Überblick über die strittigsten Themen zwischen Union und FDP.
Steuersenkungen: Im Streit um weitere Steuersenkungen haben sich die Liberalen zuletzt kompromissbereit gezeigt. FDP-Vize Andreas Pinkwart sagte, seine Partei könne auch damit leben, wenn eine große Steuerreform statt 2011 erst 2012 in Kraft trete. „Wir lassen über den Fahrplan mit uns reden, aber nicht über die Höhe der Entlastungen“, sekundierte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Rühre die Union am vereinbarten Volumen von 24 Milliarden Euro, wäre das für den FDP-Haushaltsexperten Otto Fricke „ein Wegfall der Geschäftsgrundlage“.
CDU und CSU äußern sich dagegen zunehmend skeptisch über eine große Steuerreform: „Wenn die Steuersenkungen 2011 nicht kommen, dann kommen sie auch 2012 nicht“, erfuhr die AZ am Wochenende aus Unionskreisen. Finanzminister Wolfgang Schäuble verwies kühl auf den Finanzierungsvorbehalt im Koalitionsvertrag: „Alles muss finanzierbar bleiben. Deshalb haben wir für die Frage weiterer Steuerentlastungen verabredet: Ob, wann und wie viel – das entscheiden wir Mitte 2010.“ Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff warnte die FDP davor, überzogene Erwartungen zu schüren: „Die Länder, aber auch der Bund sind durch die Schuldenbremse verpflichtet, ihre Neuverschuldung drastisch zu reduzieren. Das begrenzt den Spielraum für Steuersenkungen.“
Streit um Steinbach: Außenminister und FDP-Chef Westerwelle droht wegen der Bedenken Polens mit einem Veto gegen eine Berufung der Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, in den Rat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“. Steinbach hat zwar angeboten, auf den Posten zu verzichten, stellte aber im Gegenzug Bedingungen mit dem Ziel, den Einfluss des BdV im Stiftungsrat zu stärken und den der Bundesregierung massiv zu schwächen. Während die Union ihre Forderungen unterstützt, kommt aus der FDP bislang ein klares Njet.
Gesundheitsreform: Streit zwischen Union und FDP gibt’s auch bei der Reform zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. FDP-Minister Philipp Rösler strebt Pauschalbeiträge an. Diese Gesundheitsprämie müssten bei steigenden Gesundheitskosten die Versicherten alleine bezahlen. Der Beitragsanteil der Arbeitgeber soll auf dem jetzigen Niveau festgezurrt werden. Die CSU lehnt einkommensunabhängige Pauschalbeiträge kategorisch ab.jox