Krisendiplomatie soll Gewalt in Gaza stoppen
Tel Aviv/Gaza - In der ägyptischen Hauptstadt Kairo kommt heute die Arabische Liga zusammen, in New York tagt der UN-Sicherheitsrat.
Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reist in die Krisenregion, um eine Waffenruhe im Gazastreifen anzubahnen. Internationale Friedensappelle waren bislang ungehört verhallt. Die israelische Armee hatte am Wochenende ihre Luftangriffe gegen militante Palästinenser noch ausgeweitet. Erstmals drangen dabei auch Elitesoldaten am Boden in den Gazastreifen ein.
IN der Nacht zum Sonntag wurden aus dem Libanon zwei Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert, die dort jedoch keinen Schaden anrichteten. Die israelischen Streitkräfte antworteten mit Artilleriefeuer. Von syrischem Gebiet schlug eine Raketen auf den von Israel besetzten Golanhöhen ein, berichtete der Sender Al-Arabija.
Tausende Palästinenser im nördlichen Gazastreifen verließen aus Angst ihre Häuser, nachdem sie von der israelischen Armee mit Flugblättern dazu aufgefordert worden waren. Nach Angaben des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) haben inzwischen über 10 000 Menschen Zuflucht in UNRWA-Einrichtungen in Gaza gesucht.
Israels Streitkräfte haben seit Beginn der Offensive nach eigenen Angaben 1320 Ziele in der Mittelmeer-Enklave angegriffen. Gleichzeitig gingen demnach mehr als 700 Raketen der Hamas auf israelischem Gebiet nieder, rund 160 wurden von der Raketenabwehr abgefangen. Der Gazastreifen ist flächenmäßig etwa so groß wie Köln, allerdings leben dort mit 1,8 Millionen Menschen beinahe doppelt so viele wie in der Stadt am Rhein.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hält sich die Option einer größeren Bodenoffensive offen, sollte der Beschuss aus dem Gazastreifen nicht aufhören. Er bekräftigte am Sonntag in einem Interview des US-Senders CBS: "Wir werden tun, was auch immer nötig ist, um unser Volk zu schützen." Auf die Frage nach einer möglichen Feuerpause antwortete er, es sei Israels Ziel, "dauerhafte Ruhe" zu erreichen.
Der Samstag war mit rund 60 Toten für die Palästinenser der bislang verlustreichste Tag der jüngsten Auseinandersetzungen. Allein beim Angriff auf das Haus von Gazas Polizeikommandeur Taisir al-Batsch wurden mindestens 18 seiner Familienmitglieder getötet. Am Sonntagabend starben mindestens fünf Palästinenser bei israelischen Luftangriffen im südlichen Gazastreifen, berichteten die örtlichen Rettungsdienste.
Auch am Sonntag hielt der gegenseitige Beschuss an. Militante Palästinenser nahmen etwa erneut den internationalen Flughafen Ben Gurion unter Beschuss. Nach Angaben des israelischen Militärs wurden aus dem Gazastreifen allein am Sonntag rund 120 Raketen abgefeuert, 22 konnten abgefangen werden.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas forderte internationalen Schutz für den Gazastreifen. In einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wolle er darum bitten, "den Staat Palästina offiziell dem internationalen UN-Schutzprogramm zu unterstellen", teilte die Politikerin Hanan Aschrawi mit.
Die Bemühungen um einen Nahost-Frieden unter US-Vermittlung waren im April gescheitert. Auslöser der jüngsten Eskalation der Gewalt waren die Entführung und Ermordung von drei israelischen Teenagern und der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jungen. Eine 2012 vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas, die seit 2007 im Gazastreifen herrscht, wurde daraufhin endgültig Makulatur.