Krise: "Merkel macht einen fantastischen Job"

Die Schulden- und Euro-Krise aus Sicht eines griechischen Unternehmers: Warum der deutsche Druck hilfreich ist - und was sich jetzt ändert
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Die Schulden- und Euro-Krise aus Sicht eines griechischen Unternehmers. Warum der deutsche Druck hilfreich ist - und was sich jetzt ändert

AZ: Herr Andreadis, Sie sind erfolgreicher Unternehmer in Griechenland. Von dieser Rolle hat man in Deutschland zuletzt selten gehört.

Ja, das bin ich, und ich bin definitiv nicht alleine. Es gibt viele kleine Erfolgsgeschichten in Griechenland. Vor allem die Jungen starten jetzt ein Unternehmen – und ja, wir zahlen Steuern. Wenn wir nicht selbst investieren, wie können wir dann Hilfe von außen erwarten? Wir müssen an unser Land glauben und selbst Zeichen setzen, erst dann kommen auch die anderen. Wir sehen jetzt aber auch frische Signale der Hoffnung.

Wie schaffen Sie das, in der aktuellen Lage erfolgreich zu sein in Griechenland? Trifft Sie die Krise nicht?

Unser Geschäft funktioniert mit externen Kunden, nicht mit dem lokalen Konsum, der liegt in der Tat am Boden. Wir müssen den Blick nach draußen richten.

Man hört so viel über Probleme. Wo sehen Sie denn Chancen?

Unser Land ist so schön, und der Tourismus ist die Nr. eins der Wachstumsbranchen. Ich möchte ausdrücklich den 2,2 Millionen Deutschen danken, die diesen Sommer trotz allem gekommen sind, das ist erstaunlich! Daneben gehören auch Agrikultur, Fischerei und Energie zu den Chancen. Und: Ich bin immer sehr kritisch gegenüber unseren Politikern. Aber ich muss auch betonen, wenn etwas gut ist: Ich bin seit einigen Monaten sehr positiv überrascht von der neuen Regierung. Die arbeiten wirklich hart. Zum ersten Mal sehen wir echte Veränderungen in den Strukturen, die ersten erfolgreichen Versuche, Steuern einzutreiben. Das ist nur ein kleiner Anfang. Aber endlich gibt es Bewegung.

Was für Veränderungen?

Die Bürger leiden, das ist unfair und nicht der richtige Weg. Statt die Renten mit dem Rasenmäher zu kürzen, müssen die Steuern endlich effektiv eingetrieben werden. Das Volk ist zu recht wütend. Aber es gibt auch Gruppen mit Spezialinteressen, die nur für ihre abgeschotteten Privilegien kämpfen, wie die Taxifahrer. Das öffnet sich langsam. Unsere früher sowjet-artige Wirtschaft muss modern werden. In diesem Punkt ist der Druck aus Deutschland auch durchaus hilfreich. Er ist nicht beliebt, aber sinnvoll.

Wie nehmen Sie die deutsche Debatte wahr?

Merkel ist nicht populär. Aber wir – also die Griechen, die glauben, dass sich unser Land ändern muss nach der jahrelangen Party mit geliehenem Geld – halten zu ihr. Sie macht einen fantastischen Job. Sie hat es geschafft, dass die Mehrheit des Bundestags vergangene Woche beschlossen hat: Wir wollen, dass Griechenland im Euro bleibt.

Aber gerade in der CSU sind auch andere Töne zu hören.

Es wäre eine Katastrophe für Griechenland, den Euro zu verlassen. Das Land würde zerfallen. Es kann auch kein Hochqualitätstourismus in einem verelendetem Land geben, wir sind nicht Simbabwe. Aber ein Austritt wäre auch vom deutschen Standpunkt aus verheerend: Deutschland muss den Euro und Europa zusammenhalten. Es ist nicht in seinem Interesse, dass sich Europa gerade jetzt balkanisiert und in Stückchen zerbröselt.

Wenn Sie Arzt wären, welches Bulletin würden Sie dann über Ihr Land abgeben?

Vor zwei Jahren ist bei uns Krebs in fortgeschrittenem Stadium festgestellt worden – und gleichzeitig hatten wir einen akuten Herzinfarkt. Was löst man zuerst? Den Infarkt. Ich glaube, das haben wir jetzt geschafft. Also beginnen wir jetzt mit der Behandlung des Krebses.

 

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