Kriminelle Apotheker-Lobby
Die AZ-Redakteurin Anja Timmermann schreibt über den Skandal im Gesundheitsministerium.
Wenn sogar die FDP sauer auf die Apothekerlobby ist, dann muss wirklich richtig was faul sein. Wenn es halbwegs stimmt, was die Staatsanwaltschaft vermutet, dass sich Interessensvertreter illegal Informationen aus einem Ministerium gekauft haben, ist das in der Tat der größte Lobby-Skandal, den es je in Deutschland gegeben hat. Und, bei allen Beteuerungen der Branche, das seien sicher nur Einzelne: Da hat sich bestimmt nicht ein Individuum hingesetzt und beschlossen, für viel Geld jetzt mal auf gut Glück Apotheken-relevante Infos zu kaufen. Irgendjemand muss ihm diese Ware auch abgenommen haben. Und wer sonst hat Interesse daran?
Und wenn den Ministern schon aufgefallen ist, wie gut ihre Gesprächspartner aus der Branche informiert waren, scheint das Material ja durchaus seinen Weg gefunden zu haben. Der traurige Witz dabei ist, dass ausgerechnet Apotheken-Vertreter ausgerechnet ein FDP-Ministerium ausspioniert haben.
Ausgerechnet Apotheken-Vertreter und ein FDP-Ministerium.
2009 hat jeder zweite Apotheker FDP gewählt – klar: Keine Partei tut keinem anderen Berufsstand so viel Gutes wie die FDP den Apothekern (vielleicht bis auf die Hoteliers). Die FDP, sonst Fan der Kräfte des Marktes, schützt die Branche nach Kräften vor Wettbewerb – mit ein Grund dafür, dass Artzney in Deutschland so teuer sind wie in keinem EU-Land.
Vielleicht ist der Skandal ein Weckruf: dagegen anzugehen, dass Lobbyisten aggressiv bis kriminell ihre Interessen auf Kosten aller durchdrücken.
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