Krieg gegen die Ukraine: Mehrere Raketenangriffe auf Kiew

Selenskyj bezeichnet Russland als einen barbarischen Staat, der nicht einmal vor dem kulturellen Erbe halt mache. Unterdessen gehen die Kämpfe weiter. Die Entwicklungen im Überblick.
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Eine Frau schiebt in Slowjansk einen Kinderwagen an einem durch russischen Beschuss beschädigten Gebäude vorbei.
Eine Frau schiebt in Slowjansk einen Kinderwagen an einem durch russischen Beschuss beschädigten Gebäude vorbei. © Bernat Armangue/AP/dpa

Kiew - Angesichts der massenhaften Vernichtung von kulturellem Erbe durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat deren Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Nachdruck den Ausschluss Moskaus aus der Unesco gefordert.

"Die Unesco ist kein Platz für Barbaren", sagte Selenskyj in einer Videoansprache aus Kiew. Die russischen Truppen würden massenhaft Kulturdenkmäler, Kirchen und andere religiösen Stätten zerstören. Das sei Grund genug, dass Land aus der Kultur- und Bildungsorganisation der Vereinten Nationen auszuschließen, sagte er.

113 Kirchen seien bereits zerstört oder beschädigt worden. Russland sei ein "Terrorstaat", der mit seiner Artillerie das historische Erbe zerstöre. Schon Ende Mai hatte er den Ausschluss Russlands aus der Unesco verlangt.

Etwa 40 Kilometer westlich von Kiew inspizieren zwei junge Menschen einen zerstörten Panzer der russischen Armee.
Etwa 40 Kilometer westlich von Kiew inspizieren zwei junge Menschen einen zerstörten Panzer der russischen Armee. © Sergei Chuzavkov/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa

Kiew: Mehrere Raketenangriffe auf Hauptstadt und Vorort

Russland beschoss nach Angaben des ukrainischen Generalstabs am Morgen die Hauptstadt Kiew und einen Vorort erneut mit Raketen. Es seien militärische und zivile Infrastruktur getroffen worden, teilte die Militärführung in Kiew mit. Auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete in seinen Telegram-Kanal von Raketenschlägen. Betroffen waren demnach die Stadtbezirke Darnyzja im Südosten und Dnipro im Westen der Millionenmetropole. Es gebe nach bisherigem Stand einen Verletzten, der im Krankenhaus behandelt werde, aber keine Toten, sagte Klitschko.

Einsatzkräfte waren demnach an Ort und Stelle. Auch der bereits mehrfach beschossene Vorort Browary wurde Behörden zufolge von Raketen getroffen. Das genaue Ausmaß der Schäden war zunächst unklar.

In sozialen Netzwerken veröffentlichten Menschen Bilder und Videos von Bränden und Rauchwolken. Auch Geräusche von Einschlägen waren zu hören. Am Morgen hatte es langen Luftalarm gegeben. Die Bewohner werden immer wieder aufgefordert, sich für diesen Fall in Schutzbunker zu geben. Es handelte sich um den schwersten Angriff auf die Hauptstadtregion seit Wochen.

Ukrainer halten die Stellung

Seit Beginn des Kriegs am 24. Februar habe Russland bereits mehr als 2500 Raketen auf die Ukraine abgefeuert, klagte Selenskyj. "Unsere Helden halten die Stellung und tun alles, um dem Feind maximale Verluste zu verursachen." Mit Blick auf den Schwerpunkt der Kämpfe im Donbass in der Ostukraine meinte der Staatschef, es werde der Tag kommen, an dem Russland das Gebiet in Ruhe lassen werde. Dafür sei nur der Befehl eines Menschen entscheidend, sagte er, ohne Kremlchef Wladimir Putin in Moskau beim Namen zu nennen.

Selenskyj und der ukrainische Generalstab berichteten von schweren Kämpfen vor allem im Osten der Ukraine. Dort liegt ein Schwerpunkt im Gebiet Luhansk mit dem schwer umkämpften Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk. Die blutigen Straßenkämpfe dauerten an, sagte Selenskyj. Die ukrainischen Streitkräfte wollen weiter verhindern, dass die russischen Truppen dort komplett die Vorherrschaft übernehmen. Fällt die Großstadt, hätte Russland ein wichtiges Kriegsziel erreicht: die vollständige Kontrolle über das Gebiet Luhansk. Gemeldet wurden auch russische Luftangriffe in der Region.

Erster Bericht über getöteten Deutschen auf ukrainischer Seite

Die Ukraine informierte erstmals offiziell über den Tod eines deutschen freiwilligen Kämpfers bei den Gefechten. Auch drei Freiwillige aus Frankreich, Australien und den Niederlanden seien unter den "gefallenen Waffenbrüdern", teilte die Internationale Legion für die Verteidigung der Ukraine in Kiew mit. Die Namen der vier Männer wurden ebenfalls genannt in der Mitteilung, nicht aber der Zeitpunkt und der Ort ihres Todes. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin war zu hören, die Botschaft in Kiew bemühe sich um Aufklärung und stehe "mit den ukrainischen Stellen in Kontakt, die entsprechende Nachrichten verbreitet haben".

Selenskyj hatte Freiwillige aus der ganzen Welt aufgerufen, sich dem Kampf gegen die russische Armee anzuschließen. Dazu wurde die Legion gegründet, die inzwischen aktiv rekrutiert. Das russische Militär meldet immer wieder die "Vernichtung" von Söldnern, die Zahl der getöteten Ausländer geht nach den Moskauer Angaben in die Tausenden.

Ein in der Region Donezk stationierter ukrainischer Soldat des medizinischen Rettungsteams reinigt seine Waffe.
Ein in der Region Donezk stationierter ukrainischer Soldat des medizinischen Rettungsteams reinigt seine Waffe. © Bernat Armangue/AP/dpa

Erstmals Leichen ausgetauscht

Die Ukraine und Russland haben nach Behördenangaben aus Kiew der jeweils anderen Seite die Leichen von 160 Soldaten übergeben. Der Austausch sei am 2. Juni entlang der Frontlinie im Gebiet Saporischschja erfolgt, hieß es. Nach ukrainischen Angaben laufen auch weiter Verhandlungen über den Austausch von Kriegsgefangenen auf beiden Seiten. In russischer Gewalt sind Tausende ukrainische Kämpfer, darunter die Verteidiger von Mariupol, die dort im Stahlwerk Azovstal die Stellung gehalten hatten, bis Kiew die Stadt im Mai aufgab.

Russische Region berichtet über Beschuss

In Russland ist nach Angaben der Region Brjansk erneut ein Dorf an der Grenze zur Ukraine von dem Nachbarland aus beschossen worden. Beim Beschuss des Dorfes Slutschewsk sei ein Mann verletzt worden, zwei Wohnhäuser seien in Brand geraten. Das teilte der Gouverneur der Region, Alexander Bogomas, in seinem Nachrichtenkanal bei Telegram mit. Er warf den ukrainischen Streitkräften vor, auf das Dorf geschossen zu haben. Der verletzte Einwohner musste demnach in ein Krankenhaus gebracht werden. Die Feuer seien gelöscht worden.

Große Holzkirche in Swjatohirsk abgebrannt

Per Videobotschaft warf Selenskyj russischen Streitkräften vor, eine große Holzkirche in Swjatohirsk (Swjatogorsk) beschossen und in Brand gesetzt zu haben. Auf Bildern war zu sehen, dass das Bauwerk mit den Zwiebeltürmen lichterloh brannte. Das russische Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe zurück und beschuldigte die ukrainischen Streitkräfte, selbst geschossen zu haben.

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  • strizzi am 07.06.2022 10:15 Uhr / Bewertung:

    Ach, wie einfach ist es Russland in die böse Ecke zu stellen. Sind wir im Westen besser? Hat die Ukraine schon ihre Korruption entfernt? Es hilft nichts mit Fingern auf die andren zu zeigen. Jetzt sollte erst mal der Ukraine der Weg in die EU versperrt werden. USA und GB können vorangehen und zuerst sich mit der Ukraine verflechten. Bemerkenswert: Wir lassen Ukrainer ohne Sicherheitsprüfung ins Land, USA und GB nicht. Benachteiligen Asylsuchende aus andren Ländern. Nur mal zum überlegen.

  • sunny1 am 05.06.2022 16:28 Uhr / Bewertung:

    Es ist unverständlich dass die Alliierten sich derart ängstlich gegenüber den Blutrussen verhalten. Jeder in der Branche weis, dass man mit Russen weder verhandeln noch auf Gnade hoffe kann. Die einzige Taktik die Russen verstehen sind klare und glaubhafte Drohungen. So hat Reagan die Russen in die Knie gezwungen und so würde es auch heute wieder funktionieren. Man muss schlicht eine Gegenfront aufbauen. Klassiker wäre Königsberg. Hier könnte man leicht die gesamte Versorgung lahmlegen und die Bevölkerung zu einem EU Beitritt befragen. Auch müssten die Waffenlieferung nicht ängstlich und politisch korrekt geliefert werden, sondern mit dem klaren Ziel so viele russische Soldaten auszuschalten wie möglich. Das mit der Ansage dass der Westen sicher am längernen finanziellen Hebel sitzt als das rückständige Russland. Achja, wer glaubt dass Russland einen Atomschlag wagt der unterschätzt den Selbsterhaltungstrieb selbst des besoffensten und krebszerfessensten Despoten dort.

  • Der wahre tscharlie am 05.06.2022 15:10 Uhr / Bewertung:

    "Die russischen Truppen würden massenhaft Kulturdenkmäler, Kirchen und andere religiösen Stätten zerstören."

    Dazu gab es vor einer Woche schon Berichte darüber im "auslandsjournal". Unabhängig davon darf man nicht vergessen, dass der IS in der Vergangenheit ähnlich agiert hat, mit der Zerstörung von Kulturdenkmälern.
    Ziel ist halt, Auslöschung der nationalen Identität.

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