Kreuth: Die Krise der Koalition - Neustart für den Dreier
Die Parteichefs Bundeskanzlerin Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle planen ein Grundsatz-Gespräch am 17. Januar – die Krise der Koalition ist großes Thema in Kreuth.
BERLIN/KREUTH Dreiecksbeziehungen haben es in sich. Sie sind spannungsgeladen, instabil und haben einige Varianten. Da geht es Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrer politischen Ménage à trois nicht besser.
Die Kanzlerin führt nicht. Ihre beiden Wunschpartner Horst Seehofer und Guido Westerwelle streiten. Nun soll ein Dreiergipfel nach den Dreikönigsgipfeln die Beziehung wieder kitten – bei einem lauschigen Essen im Kanzleramt. Das Versöhnungstreffen ist für Sonntag, 17. Januar, geplant. „Dann werden wir unter sechs Augen einige Dinge mal grundsätzlich besprechen“, sagt CSU-Chef Horst Seehofer seinen Bundestagsabgeordneten in Kreuth.
Bäumlein-wechsle-dich über Neujahr
Der Dreiertreff ist auch bitter nötig. Seit der Regierungsbildung war das Trio nicht mehr zu einem Tête-á-tête zusammengekommen. Unter den Wunschpartner krachte es von Anfang an. Erst waren Guido und Horst gemeinsam für großzügige Steuergeschenke. Und gegen Angela, die die beiden nicht bremsen konnte.
Über Neujahr aber war Bäumlein-wechsle-dich angesagt. Jetzt sind Angela und Horst einig, dass sich angesichts der schlechten Finanzlage „keinesfalls mehr ein zweistelliger Milliardenbetrag“ für Steuergeschenke mobilisieren lasse. Erst müsse die Steuerschätzung im Frühjahr Klarheit bringen. Guido aber will mit dem Schenken partout nicht aufhören und zetert: „Was ist das für ein dekadentes Staatsverständnis, dass Steuererleichterungen für den Normalbürger ein Geschenk des Staates sind.“
"Ernüchterungsphase für Westerwelle"
Für Krach sorgt das allemal. Hinter verschlossenen Türen in Kreuth giftet Seehofer: „Der muss jetzt langsam mal regieren lernen.“ Und: „Man muss sich in der Politik nach der Realität richten. Westerwelle wird der Erste sein, der seine Fahne einrollen muss.“ Seehofer droht nun: Bei dem Gespräch im Kanzleramt werde für Westerwelle in Sachen Steuersenkung eine „Ernüchterungsphase“ eingeleitet.
Rückendeckung bekommt der CSU-Chef im Tegernseer Tal von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Der ist bei der CSU-Klausur Gast. „CDU und CSU sind für die Einnahmen zuständig, die FDP für die Steuergeschenke. So läuft diese Nummer nicht“, motzt er. Ihm stinkt es gewaltig, dass die schwarz-gelbe Regierungskoalition einfach nicht in die Puschen kommt und als Chaos-Team dasteht. Schließlich hat Rüttgers am 9.Mai im größten Bundesland Landtagswahl.
"Es nie verkehrt, von Zeit zu Zeit miteinander zu sprechen"
Da geht es um mehr als die Macht am Rhein. Denn der CDU-Ministerpräsident regiert mit einer FDP-Koalition. Wird die vom Wähler nicht mehr bestätigt, ist auch die knappe schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat weg. Und Merkel & Co. müssten schauen, wie sie weiter regieren können. Rüttgers: „Wir brauchen einen Neustart der Koalition.“ Jetzt sei die Gelegenheit dafür da.
Seehofer versucht die Koalitions-Krise herunterzuspielen, spricht von „Normalität“ und „Routine“. So wie er es immer macht. „Wir haben uns verabredet“, gibt er den Harmlosen. „Das Jahr hat neu begonnen, und da setzt man sich halt mal zusammen. Das ist eine ganz natürliche Geschichte.“ Bei dem einen Treffen soll es nicht bleiben. In Zukunft will das Trio regelmäßig zusammenkommen. Seehofer: „Es ist nie verkehrt, wenn man von Zeit zu Zeit miteinander spricht.“ Ob’s was hilft?
Bei der CSU in Kreuth muss man da schon das Wetter bemühen. An Heiligdreikönig hingen noch dunkle graue Wolken über den Gipfeln, die das Wildbad einrahmen. Gestern dann machte der Himmel auf, zeigte seine schöne blaue Seite und die Sonne strahlte. Sofort wurde aus der CSU-Klausur vermeldet: „Jetzt herrscht wieder eitel Sonnenschein!“ Angela Böhm