Kabelfernsehen: Das ändert sich – so teuer wird Ihr TV-Empfang ab Juli

Für Verbraucher gibt es in wenigen Wochen eine große Umstellung. Mieter müssen sich dann um den Fernsehempfang in der eigenen Wohnung selbst kümmern.
von  Alexander Spöri
Noch auf Empfang? Ein Mann schaltet mit der Fernbedienung die Kanäle um und sucht nach einem ansprechenden Fernsehprogramm.
Noch auf Empfang? Ein Mann schaltet mit der Fernbedienung die Kanäle um und sucht nach einem ansprechenden Fernsehprogramm. © imago/Philippe Clément

München – Vor mehr als 40 Jahren ist der erste deutsche Fernsehsender über ein Kabelnetz auf Sendung gegangen. Mehr als 15 Millionen Bürger empfangen durch diese Übertragungstechnik auch heute noch Filme, Serien, Nachrichten und Sportereignisse.

Doch bald könnten sich zahlreiche Verbraucher gegen das Kabelfernsehen entscheiden. Denn die Kosten dafür werden im Sommer wohl einen neuen Höchststand erreichen.

Ausschlaggebend ist eine Änderung des Telemediengesetzes. Bisher dürfen Vermieter und Hausverwaltungen die Gebühren für den Kabelanschluss über die Nebenkosten an Mieter weitergeben (Nebenkostenprivileg). Eigentümer schlossen große Sammelverträge, viele Menschen haben aus diesem Grund automatisch Zugang zum Kabelfernsehen.

Neue Regelung tritt zum 1. Juli im Kraft: Das sind die Folgen für Mieter

So konnten die Preise für Verbraucher besonders niedrig gehalten werden. Außerdem mussten sich die Mieter um Vertragsangelegenheiten gar nicht kümmern. Der Nachteil: Jeder Bewohner muss bislang zahlen – unabhängig davon, ob derjenige daheim überhaupt einen Fernseher hat.

Zum 1. Juli tritt jetzt die neue gesetzliche Regelung, die bereits vor drei Jahren beschlossen wurde, in allen Haushalten in Kraft – mit Auswirkungen für die Mieter. Die müssen nun entscheiden, ob sie weiterhin mit eigenem Vertrag Kabelfernsehen beziehen wollen. Ohne neue Vereinbarung müssen die Betroffenen auf Alternativen umsteigen. Sonst bleibt ihr TV-Bildschirm künftig schwarz.

Hintergrund der Neuerung sind die technischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte: Die Fernsehübertragung ist mittlerweile vollständig digital, es gibt neue Verbreitungswege über das Internet. Zudem verspricht sich der Gesetzgeber durch die Änderung mehr Wahlfreiheit für die Verbraucher – Fernsehzuschauer sollen selbstständig bestimmen können, ob und wie sie TV-Programme empfangen.

Verbraucherzentrale Bayern: Weg vom Kabelfernsehen? Diese Alternativen gibt es

Nikolaus Stumpf von der Verbraucherzentrale Bayern beschäftigt sich damit, worauf Mieter ab dem Sommer besonders achten müssen. "Erstmal müssen Verbraucher prüfen, ob sie selbst Kabelfernsehen über den Vermieter empfangen haben und damit unter die Regelung fallen", sagt der Referent Marktbeobachtung zur AZ. Das gehe meist aus der Nebenkostenabrechnung oder dem Mietvertrag hervor.

Für Betroffene gilt dann laut Stumpf der große Sammelvertrag ab dem 1. Juli offiziell nicht mehr – sogar wenn der Vermieter den Vertrag nicht gekündigt hat. "Die Mieter müssen sich dann um den Fernsehempfang kümmern", erklärt Stump.

Dabei gibt es mehrere Wahlmöglichkeiten: Entweder die Fernsehzuschauer bleiben ihrem derzeitigen Anbieter treu und schließen einen eigenen Vertrag ab. Wer hingegen nur Interesse an den öffentlich-rechtlichen Sendern hat, kann auf die Übertragungstechnik DVB-T umsteigen. "Mit großer Wahrscheinlichkeit ist der Tuner bereits in den meisten TV-Geräten verbaut. Dazu braucht es nur eine Zimmer- oder Hausantenne. Der Rest geht praktisch von selbst", sagt Stumpf.

Möglich ist der TV-Empfang ebenso über Satellit. Bis auf die Bereitstellung entstehen dadurch gar keine Kosten. Damit besteht Zugriff auf Fernsehsender aus aller Welt. "Da ist nur das Problem, ob der Eigentümer oder die Verwaltung das Aufstellen mit freier Sicht Richtung Süden auch erlaubt."

Neue Verträge: Erhöhung von drei bis vier Euro im Monat erwartet

Als dritte Option bietet sich das Internet-Fernsehen (IPTV) an – entweder durch spezielle Empfangsgeräte der Anbieter oder durch Dongles wie AppleTV und Chromecast, mit denen man durch spezielle Apps auch Zugriff auf das Live-TV hat.

Je nach Ausstattung und Erweiterungen fallen oder steigen die Kosten für Fernsehzuschauer. Noch ist die Entwicklung der Preise nicht absehbar, mit Blick auf das Kabelfernsehen geht der Verbraucherschutz nach der Einführung zunächst von einer monatlichen Erhöhung in Höhe von drei bis vier Euro aus.

Vodafone verliert zahlreiche Kunden: Wie hart trifft die Änderung Kabelanbieter?

Der Internet-, Mobilfunk- und Kabelanbieter Vodafone hat eigenen Angaben zufolge bereits zahlreiche TV-Kunden, die nicht mehr für das Kabelfernsehen bezahlen wollen, verloren. Konkrete Zahlen nennt das Unternehmen nicht. Auf AZ-Anfrage heißt es aber: "Wir liegen im Plan. Die Zahlen derjenigen Kunden, die bei uns bleiben, steigen sogar stärker als bis zum jetzigen Zeitpunkt erwartet."

Vodafone hat eine besondere Lösung und bietet großen Wohngesellschaften auch weiterhin Sammelverträge mit Sonderkonditionen an. Diese sollen auf freiwilliger Basis zwischen Vermietern und den Bewohnern geschlossen werden. Durch eine Ergänzung im Mietvertrag können die Kosten dann wiederum auf die Mieter umgelegt werden. Bei einem direkten Vertragsschluss zwischen Bewohnern und Anbietern steigen die Preise voraussichtlich am stärksten an.

Nicht einfach unterschreiben: Verbraucherschutz warnt vor unseriösen Billigangeboten

Vor vermeintlich verlockenden Angeboten kann Stumpf nur warnen. "Es wird viel geworben. Vieles ist aber missverständlich und manches nicht besonders transparent." Es seien auch auf Provisionsbasis tätige Medienberater unterwegs, die bei Bewohnern klingeln und sie zum Abschluss neuer Verträge bringen wollen. "Ich würde niemanden empfehlen, an der Haustür etwas zu unterschreiben", rät Stumpf.

Von einem Vertragsabschluss im Laden rät der Verbraucherschützer allerdings auch ab, weil es dort kein 14-tägiges Widerrufsrecht gibt. Stattdessen sei eine eigenständige Online-Recherche am sinnvollsten.

Ab Juli einfach weiter Kabelfernsehen zu gucken, weil der Kabelempfang vielerorts wohl noch nicht durch einen Sperrfilter geblockt wird, sei auch keine Option. Wenn die unerlaubte Nutzung auffliegt, könnte sogar ein Strafprozess (Erschleichen von Leistungen) drohen. Deshalb sollten sich Verbraucher lieber schon frühzeitig darum kümmern, wie sie in der Zukunft fernsehen wollen.

Unseriöse Anrufe und Abzocke? Diese Erfahrung hat die AZ-Redaktion gemacht

Irgendwann im Frühjahr fiel der Fernsehempfang aus. Erster Anruf beim Anbieter: Was ist da los? Tja, vielleicht hat der Vermieter das Kabelfernsehen jetzt schon gekündigt? Der Rat des "Experten": schnell einen neuen Vertrag abschließen. Ich solle alle willigen Mitmieter zusammentrommeln, und dann gibt’s schon morgen für nur 17,90 Euro pro Zuschauer einen neuen Vertrag.

Gibt’s auch günstigere Tarife? Nein, nur den. Anruf beim Vermieter, am Ende klärt sich: Es war eine Störung, nix ist gekündigt. Wenn alle Hausbewohner dem Anbieter treu blieben, käme der mit einem Vertrag um die fünf Euro entgegen. Mit meiner Treue allerdings ist es seit dem Abzockversuch nicht mehr weit her.

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