Korruptionsaffäre: Tschechiens Regierungschef tritt zurück
Der tschechische Ministerpräsident Petr Necas (48) will heute offiziell zurücktreten. Er zieht damit die Konsequenzen aus einer spektakulären Bespitzelungs- und Korruptionsaffäre.
Prag - Der tschechische Ministerpräsident Petr Necas (48) will heute offiziell zurücktreten. Er zieht damit die Konsequenzen aus einer spektakulären Bespitzelungs- und Korruptionsaffäre.
"Ich bekenne mich zu meiner politischen Verantwortung", hatte er am Abend nach einer Sitzung seiner Partei gesagt und den Schritt angekündigt. Es wird erwartet, dass Necas Präsident Milos Zeman ein entsprechendes Schreiben überreicht.
Mit dem Rücktritt des Ministerpräsidenten endet in Tschechien auch die Amtszeit des gesamten Kabinetts. Am Zug ist damit der linksgerichtete Präsident Zeman, der den Auftrag zur Regierungsbildung neu vergeben oder ein Übergangskabinett ernennen kann. Das Abgeordnetenhaus hat zudem das Recht, sich mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit selbst aufzulösen.
Der seit Juli 2010 amtierende Necas war wegen eines Abhör- und Korruptionsskandals massiv unter Druck geraten. Bei einer Großrazzia nahm die Polizei seine langjährige Kabinettschefin Jana Nagyova und Generäle des Militärgeheimdienstes fest. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Nagyova, die Bespitzelung von Necas' Noch-Ehefrau beim Geheimdienst bestellt zu haben. Nagyova und Necas verband nach übereinstimmenden Medienberichten auch ein privates Verhältnis.
"Ich bin mir bewusst, dass die Schicksalswende meines persönlichen Lebens derzeit die politische Szene und die Partei ODS belastet", sagte Necas. In der Affäre geht es zudem um die angebliche Bestechung von Abgeordneten, um die fragile Drei-Parteien-Koalition zusammenzuhalten.
Der einst als Saubermann angetretene Necas kündigte an, auch sein Amt als Parteivorsitzender der Bürgerpartei ODS aufzugeben. Er wünsche sich die Fortsetzung der bestehenden Mitte-Rechts-Koalition unter einem anderen Ministerpräsidenten, sagte der Politiker.
Präsident Zeman hatte Necas am Samstag indirekt den Rücktritt nahegelegt. Auf die Frage, ob die Regierung Bestand haben solle, sagte der erste durch das Volk gewählte Präsident im Fernsehen: "Ich halte die erhobenen Anschuldigungen für sehr schwerwiegend."
Der Rücktritt von Necas nach nur drei Jahren im Amt kam dennoch überraschend. Bis zuletzt hatte er betont: "Neuwahlen sind in Wirklichkeit keine Lösung", sagte er dem Sender TV Nova. Die Opfer der Flutkatastrophe seien auf die Hilfe der Regierung angewiesen.
Doch der Druck auf Necas nahm von Stunde zu Stunde massiv zu. Der als möglicher Nachfolger gehandelte Industrieminister Martin Kuba drängte zu einem sofortigen Führungswechsel. Die Sozialdemokraten (CSSD) reichten zudem einen Misstrauensantrag im Abgeordnetenhaus ein, der am Dienstag zur Abstimmung kommen sollte.
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