Kopfschütteln über Cameron

In Davos muss sich der Brite Kritik anhören. Aber er legt gleich die nächste Runde auf: "Die EU fällt zurück"  
von  tan

 

In Davos muss sich der Brite Kritik anhören. Aber er legt gleich die nächste Runde auf: "Die EU fällt zurück"

DAVOSDavid Cameron hat mit der Ankündigung des EU-Austritts-Referendums vor allem in Teilen seiner eigenen Partei gepunktet. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos musste er sich gestern gegen viel Kritik und Kopfschütteln verteidigen. Von anderen EU-Regierungschefs, aber auch von Wirtschaftsexperten.

In seiner eigenen Rede auf dem traditionellen Weltwirtschaftstreffen in dem Schweizer Ski-Ort legte Cameron allerdings noch mal kräftig nach. „Wenn wir sagen, Europa müsse eine politische Union werden, dann kann ich nicht zustimmen. Wenn man Länder in eine zentralisierte Europäische Union hineinquetschen will, dann möchte Großbritannien nicht dazugehören“, sagte der britische Regierungschef. Die EU-Pläne für den Fiskalpakt und eine gemeinsame Bankenaufsicht lehnte er ab: Das sei nur was für Euro-Länder, eine Gruppe, „in der Großbritannien nicht ist und niemals sein wird“.

Er sagte, sein Land wolle der EU nicht den Rücken kehren, aber sie verändern. Sie „offener, flexibler, wettbewerbsfähiger“ machen. Denn, so Cameron: „Europa fällt in der Welt zurück. Es ist überholt ins Sachen Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.“ So brauche es niedrige Steuern für Firmen und ein Freihandelsabkommen mit den USA.

Der Beifall hielt sich in Grenzen. Wirtschaftsexperten und Politiker wie etwa der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagten, dass Großbritannien es nach einem Austritt schwer haben würde, abgekoppelt vom Binnenmarkt der EU allein gegen aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China zu bestehen.

"Nichts weniger als die Rückabwicklung der EU"

Der Ire Enda Kenny versuchte es mit Appellen. Großbritannien müsse in der EU bleiben: „Das ist sehr wichtig, auch weltweit gesehen.“ Der Italiener Mario Monti forderte ein Referendum mit eindeutiger Fragestellung ohne jede Hintertür: ganz rein oder ganz raus. „Dann müssen sie auch den Binnenmarkt verlassen.“ Immerhin: Unterstützung für Cameron wenigstens in der Forderung nach mehr Wettbewerbsfähigkeit kam von der Dänin Helle Thorning-Schmidt. „Wir müssen bei jedem Euro überlegen, ob wir ihn bestmöglich ausgeben.“

Jenseits der Mikrofone warfen viele Regierungschefs Cameron vor, aus innerparteilichen Konflikten zu zündeln. Und sie signalisierten, dass bei allem Reformbedarf die Bereitschaft, den Briten Extrawürste zu braten, gering ist – zumal deren Wünsche genau in die andere Richtung gehen wie die aktuell diskutierten. Laut sprach es Ex-Außenminister Joschka Fischer aus: „Was er fordert, ist nichts weniger als die Rückabwicklung der EU.“ Die Briten sollten drin bleiben, „aber nicht um den Preis der Zerstörung der EU“.

In Großbritannien ist die Stimmung gespalten. Wäre jetzt das Referendum, wären 40 Prozent für einen Austritt und 37 Prozent dagegen – der Rest ist unentschlossen.

 

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