Komplizierte Kandidatenkür in den USA

Wer im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur die meisten Stimmen erzielt hat, ist noch lange nicht am Ziel. Die Super-Delegierten können das Ergebnis entscheidend beeinflussen, wie Michaela Duhr erklärt.
Das gewaltige Medieninteresse erweckt zwar den Eindruck, als würde es bereits um die Wahl des amerikanischen Präsidenten gehen. Doch bei den Vorwahlen dreht es sich zunächst nur darum, die Delegierten der jeweiligen Partei zu bestimmen, die zur nationalen Parteiversammlung entsendet werden. Auf der so genannten National Convention wird dann der Spitzenkandidat nominiert.
Insgesamt werden in diesem Jahr 4049 Delegierte zum Nominierungsparteitag der Demokraten vom 25. bis 28. August in Denver im US-Bundesstaat Colorado entsandt. Bei den Republikanern treffen sich vom 1. bis 4. September in Saint Paul in Minnesota 2380 Delegierte. Die demokratischen Bewerber müssen für eine Nominierung mindestens die Hälfte, sprich 2025 Stimmen, für sich gewinnen. Bei den Republikanern braucht der Bewerber das Votum von mindestens 1191.
Gebunden oder ungebunden
Auch wenn ein Kandidat bei den Vorwahlen die meisten Stimmen auf sich vereinigt hat, reicht das noch nicht für die Kür zum Präsidentschaftskandidaten. Die Delegierten beider Parteien sind mit ihrem Votum zwar mehrheitlich an die Ergebnisse der Vorwahlen gebunden, das heißt, sie sollen bei der National Convention für den Bewerber stimmen, in dessen Namen sie gewählt wurden. Dabei handelt es sich um die so genannten verpflichteten Delegierten.
Aber es gibt auch noch die nicht verpflichteten oder Super-Delegierten, wie sie bei den Demokraten genannt werden. Das sind zumeist Parteifunktionäre, Inhaber öffentlicher Ämter, Abgeordnete oder Gouverneure: Sie dürfen auf dem Nominierungsparteitag unabhängig von den Abstimmungsergebnissen votieren. Auf sie kommt es an, denn sie können - rein theoretisch - ein klares Ergebnis auf dem Parteitag noch verändern. Da sich während der Vorwahlen meist ein klarer Favorit herauskristallisiert, stimmen die Superdelegierten in der Regel auch für diesen.
Zünglein an der Waage
In diesem Jahr könnten die Superdelegierten allerdings die Entscheidung maßgeblich beeinflussen: Sollte das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden aussichtsreichsten Bewerbern - Hillary Clinton und Barack Obama - über den so genannten Super Tuesday hinausgehen, wäre das Votum der Superdelegierten von entscheidender Bedeutung. Da diese meist bekannt sind, werben bereits beide intensiv um deren Stimmen. Bei den Demokraten sind 796 Delegierte ungebunden, bei den Republikanern sind es 463.
Auch bei der Verteilung der Delegierten, die nach dem Vorwahl-Ergebnis dem Kandidaten zugesprochen werden, gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. So lassen die Republikaner in vielen Staaten nach dem Prinzip «the winner takes it all» wählen. Das heißt, der Sieger bekommt alle Delegierten zugesprochen, auch wenn er beispielsweise nur 30 Prozent der Stimmen erzielt hat. Die Demokraten praktizieren üblicherweise das Verhältniswahlrecht: Demnach erhält der Bewerber, der zum Beispiel 20 Prozent der Stimmen erringt, in der Regel auch 20 Prozent der Delegierten.