Kommentar zur US-Wahl: Dem gefährlichen Wutbürger das Fürchten lehren

AZ-Redakteur Adrian Prechtel erlebte die Präsidentschaftswahl in Denver, Colorado. Sein Kommentar zum Trump-Triumph und was nun zu tun ist.
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Trumps Wahlsieg ist ein demokratischer Totalschaden.
dpa/AZ Trumps Wahlsieg ist ein demokratischer Totalschaden.

AZ-Redakteur Adrian Prechtel erlebte die Präsidentschaftswahl in Denver, Colorado. Sein Kommentar zum Trump-Triumph und was nun zu tun ist.

Denver - Nach acht Jahren eines liberalen schwarzen US-Präsidenten, jetzt also ein vulgärer Berserker und nicht eine kluge, erfahrene Frau. Mr. President wird Donald Trump. Und sein Erdrutschsieg zerlegt viele Illusionen, die wir uns nicht nur über Amerika, sondern auch über uns gemacht haben. Natürlich ist das alles erst einmal eine amerikanische Angelegenheit, trotz aller Auswirkungen auf die Welt. Zerlegt hat es schon jetzt die Demokratische Partei. Nicht, weil Hillary Clinton nicht gewonnen hat, sondern weil klar geworden ist: Wenn man nur auf liberal Gebildetete und Minderheiten setzt, verliert man den Teil der Bevölkerung, den linkere Parteien doch traditionell vertreten wollen.

Und das ist auch ein klare Mahnung an eine Partei wie die SPD: Man muss die Menschen, die Angst vor Veränderungen haben und die am unteren Rand der Gesellschaft sind, ernst nehmen. Und das sind eben keine Minderheiten, vor allem wenn die "Wutbürgerschaft"? bis weit ins Bürgerliche hineinreicht. Sie alle waren die Grundlage für Trumps Sieg. Der hat die Republikanische Partei, für die er kandidierte, gleich mit zerlegt, weil ein gemäßigter und vernünftiger Teil der Partei den politisch völlig unkorrekten Politclown nie als Kandidat wollte.

Ein echter Demokratieschaden – jetzt gilt es dem Wutbürger das Fürchten zu lehren

Und das ist der dritte Totalschaden, der auch ein Menetekel für Europa und Deutschland ist: Trump hat gezeigt, dass man alle Anstandsregeln außer Acht lassen und - dennoch oder eben gerade deshalb? - Menschen gewinnen und fanatisieren kann mit Lügen, Vulgarität, Brutalität und Diffamierung aller demokratischen Institutionen wie Parlament, Justiz und Medien. Das ist ein echter Demokratieschaden. Die linksliberale Illusion, dass sich unsere westliche Welt letztlich konsequent in Richtung Offenheit und Toleranz bewegt, ist erst einmal am Boden. Für Amerika, das alle großen Krisen bisher überstanden hat, ohne ins Autoritäre zu verfallen, ist ein Typ wie Trump ein Novum. Wir Europäer kennen das aus unserer Geschichte öfter und erleben es gerade wieder in Polen und Ungarn - und mit Putin, einem Trump-Freund.

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Was also ist die Aufgabe: Nicht zynisch werden oder resignieren, sondern kämpfen und Farbe bekennen für die Rechte von Minderheiten, eine liberale, offene Gesellschaft, und das fängt im Büro, in der Familie und auf jeder Party an. Es gilt dem gefährlichen Wutbürger das Fürchten zu lehren.

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