Kommentar zum Kirchenasyl-Urteil von München: Mut zur Abschaffung
Es gibt kein Kirchenasyl in der deutschen Rechtsordnung. Das hat nun auch das Oberlandesgericht München in einem Urteil festgestellt. In der Rechtswirklichkeit existiert dieser Brauch dennoch, weil er praktiziert und vom Staat geduldet wird. Dadurch entsteht eine juristische Gratwanderung. Diese braucht es nicht, sie ist unnötig - auch weil Asylbewerber und Priester nicht sicher sind vor Strafverfolgung.
Niemand kann den Kirchen vorwerfen, dass sie nicht verantwortungsvoll umgehen würden mit dem Kirchenasyl. Sie verstecken nicht, sondern beherbergen. Sie arbeiten nicht gegen den Staat, sondern sie kooperieren mit den Behörden. Aber so christlich, so barmherzig dieser besondere Schutz durch die Kirchen auch immer sein mag: das Kirchenasyl ist ein Relikt aus den frühen Epochen des Christentums. In Zeiten, in Regionen, in denen Menschen staatlicher Willkür ausgesetzt sind, wird es zu einem gerechtfertigten Akt der Nothilfe. Dies trifft auf Deutschland nicht zu.
Härtefallkommissionen statt Kirchenasyl
Wer hierzulande Schutz vor Verfolgung, Terror und Tod sucht, bekommt ein rechtsstaatliches, mehrstufiges Verfahren. Dazu gehört, dass kein Bescheid willkürlich ergeht, kein Asylbewerber leichtfertig des Landes verwiesen wird. Dazu gehört auch, dass jede angekündigte Abschiebung einer Ausländerbehörde gerichtlich überprüft werden kann. Ja sicher, auch in diesem Verfahren sind Fehlurteile nicht auszuschließen, kommt es zu Härten. Aber wenn sich nicht-staatliche Organisationen über den Staat stellen, um diese Härten zu korrigieren, dann untergräbt dies dessen Gewaltmonopol.
Und es gibt sie ja, die Alternativen zum Kirchenasyl. In den Bundesländern sind Härtefallkommissionen eingerichtet. Diese können vor jeder Abschiebung angerufen werden. Darin sind auch die katholische und evangelische Kirche vertreten. Dort lassen sich Fehlentscheidungen besser und rechtsstaatlicher reparieren: in einer überwiegenden Mehrheit der Fälle sind die Ersuchen auch erfolgreich.
Die Entscheidung darüber, wer in Deutschland Aufnahme finden soll, gehört in die Hand des Staates, nicht in die Grauzone des Kirchenasyls. Man sollte es abschaffen.