Könnte Michelle Obama Biden ersetzen? Ein Experte aus München über die Spekulationen zur US-Wahl

Das politische Drama in den USA spitzt sich weiter zu. Auch, weil Michelle Obama wohl Trump schlagen könnte. Ein Münchner Historiker von der LMU erklärt, wie wahrscheinlich ihre Kandidatur ist – und welche Anwärter es noch gibt.
Alexander Spöri
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In Umfragewerten schneidet Michelle Obama deutlich besser als der US-Präsident Joe Biden ab. Selbst Donald Trump   überholt die 60-Jährige in aktuellen Erhebungen.
Frank Franklin II (AP) 2 In Umfragewerten schneidet Michelle Obama deutlich besser als der US-Präsident Joe Biden ab. Selbst Donald Trump überholt die 60-Jährige in aktuellen Erhebungen.
Der Historiker Markus Hünemörder am Amerika-Institut der LMU München fokussiert sich auf die Politik in den USA.
LMU/privat 2 Der Historiker Markus Hünemörder am Amerika-Institut der LMU München fokussiert sich auf die Politik in den USA.

München – Nach dem denkwürdigen TV-Duell zwischen dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden und seinem Vorgänger Donald Trump ist die Aufregung in der Demokratischen Partei groß. Mit einer Strategie der Schadensbegrenzung versucht das Weiße Haus, den Staatschef weiter als Präsidentschaftskandidaten im Rennen zu halten.

Der Historiker Markus Hünemörder, der am Amerika-Institut der LMU forscht, hält einen Rückzug von Biden aus dem US-Wahlkampf eher für unwahrscheinlich. Erst wenn die Umfragewerte einbrächen, verändere sich die Lage. "Ohne einen freiwilligen Verzicht dürfte es zudem schwer werden, einen anderen Kandidaten einzusetzen", sagt der Experte zur AZ.

LMU-Historiker aus München: "Keiner will als Königsmörder auftreten"

Mehr als 20 Gouverneure aus den US-Bundesstaaten haben sich trotz Bidens schwachen Auftritts hinter den US-Präsidenten gestellt. "Es will eben keiner als Königsmörder auftreten, weil das für die eigene politische Karriere sehr schädlich sein könnte", so Hünemörder.

Der Historiker Markus Hünemörder am Amerika-Institut der LMU München fokussiert sich auf die Politik in den USA.
Der Historiker Markus Hünemörder am Amerika-Institut der LMU München fokussiert sich auf die Politik in den USA. © LMU/privat

Doch, welche Kandidaten gibt es überhaupt, die Biden ersetzen könnten? Darüber gibt eine am Montag von Reuters veröffentlichte Umfrage Aufschluss. Teilgenommen haben lediglich 1000 Menschen, deshalb sind die zum Teil überraschenden Ergebnisse mit besonderer Vorsicht zu genießen.

Michelle Obama ist Spitzenreiterin in Umfrage: Wie wahrscheinlich ist ihre Kandidatur?

Laut der Umfrage ist die ehemalige First Lady Michelle Obama die einzige Politikerin, die dem republikanischen Kandidaten das Wasser reichen könnte. 50 Prozent würden die Ehefrau von Barack Obama wählen und nur 39 Prozent Trump. In allen anderen Konstellationen – mit Gouverneuren, die möglicherweise zur Kandidatur bereit wären – liegt Trump vorne.

Dass Obama zur US-Wahl antritt, hält Historiker Hünemörder jedoch nahezu für ausgeschlossen: "Das ist der alte Wunschtraum der Demokraten und ein brutales Zeichen der Schwäche."

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Die frühere First Lady käme auf hohe Zustimmungswerte, weil sie sich aus der Wahlpolitik herausgehalten habe. Außerdem habe sie immer wieder klargemacht, dass sie nicht für ein politisches Amt kandidieren möchte, sagt Hünemörder. "Wenn Michelle Obama rekrutierbar wäre, dann hätte man sie auch schon 2020 rekrutiert."

Politikerin aus "extrem mächtigen Swingstate": Diese Frau könnte Joe Biden ersetzen

Neben Michelle Obama wird in den USA über zahlreiche weitere Politiker als Ersatz für Biden spekuliert – darunter die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer. Für Hünemörder ist sie die "sinnvollste" Kandidatin. Die Politikerin sei eine Frau aus einem "extrem mächtigen Swingstate" und habe bereits zwei Wahlen in ihrem Staat erfolgreich bestritten. Zudem pflege sie einen moderaten politischen Stil.

Dass Whitmer wirklich zur Kandidatin der Demokraten gewählt wird, hält der Experte von der LMU aber wiederum für unrealistisch. "Sollte sich Biden zurückziehen, dann wird der Blick auf Kamala Harris fallen", meint Hünemörder.

Durch Harris würden sich die Chancen der Partei voraussichtlich zwar nicht verbessern, es könne aber immerhin ein innerparteilicher Machtkampf verhindert werden, wenn Harris als Vize-Präsidentin gegen Trump ins Rennen gehe.

Gouverneur aus Kalifornien als zweite Option? "Demokraten brauchen kein weiteres Alphamännchen"

Auch der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom hat seine Ambitionen, Präsident zu werden, bisher nicht versteckt. Es beständen jedoch große Zweifel, ob er aus wahltaktischen Gründen ein aussichtsreicher Kandidat ist: "Gavin Newsom will dringend Präsident werden. Ich halte ihn jedoch für vollkommen ungeeignet", betont Hünemörder. "Das Letzte, was die Demokraten jetzt brauchen, ist ein weiteres weißes Alphamännchen."

Insbesondere Kalifornien sei ohnehin eine Hochburg der Demokraten, deshalb sei es strategisch wenig nützlich, einen Politiker aus diesem Staat ins Rennen zu schicken. "Außerdem hat sich Newsom selbst ad absurdum geführt, als er während der Pandemie eines der strengsten Corona-Regime einführte und sich kurz darauf in einem Luxusrestaurant hat erwischen lassen."

Erinnerungen ans Jahr 1968 werden wach: "Es kam zu üblen Hetzjagden und einem heftigen Machtkampf"

Warum sich bisher niemand in die erste Reihe traut und sich als Gegenkandidat positioniert? Laut Hünemörder hätten die Politiker noch das "abschreckende Beispiel" von Ted Kennedy vor Augen, der 1980 mit seinem Versuch scheiterte, Jimmy Carter als Präsidentschaftskandidaten abzulösen.

Darüber hinaus erinnern sich dem Experten zufolge viele Demokraten auch an die Wahl von 1968. Damals zog sich Lyndon B. Johnson aus dem Wahlkampf zurück. "Es kam zu üblen Hetzjagden und einem heftigen Machtkampf - bis hin zu Straßenschlachten in Chicago."

Endgültige Entscheidung fällt beim Parteitag der Demokraten im August

Letztlich hatte der für Johnson eingesprungene Kandidat Hubert Humphrey im Kampf gegen Richard Nixon dann auch keine Chance, weil "die Demokraten in die ultimative Selbstzerfleischung gegangen sind".

Wie es für Biden weitergeht und wie viel Risiko seine Partei eingeht, wird sich spätestens Mitte August beim Parteitag der Demokraten herausstellen. Abgesehen von Michelle Obama bleibt der US-Präsident der Kandidat, der den Umfragen zufolge die besten Aussichten auf Erfolg hat.

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  • Der wahre tscharlie am 04.07.2024 19:34 Uhr / Bewertung:

    Gretchen Whitmer halte ich auch für die beste Kanditatin. Aber sie muß halt an Kamala Harris vorbei.
    Aus deutscher Sicht könnte ich mir vorstellen, dass Kamala harris sagt, ich verzichte und lasse Gretchen Whitmer den Vortritt.
    Aber in Amerika läuft alles anders.

  • Witwe Bolte am 04.07.2024 20:37 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Eine US-Präsidentin und mächtigste Frau der Welt namens Gretchen?
    Geht gar nicht.

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