Koalition und Opposition: Karlsruhe wird ESM billigen
Berlin - Koalition und SPD-Opposition geben sich unbeeindruckt.
Schwarz-gelbe Koalition und SPD-Opposition sind überzeugt, dass das Bundesverfassungsgericht den Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiskalpakt im Grundsatz bestätigen wird. Mit Blick auf die am Mittwoch erwartetet Entscheidung aus Karlsruhe sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) der "Bild am Sonntag": "Bisher hat das Bundesverfassungsgericht niemals den Kurs der europäischen Integration als gegen das Grundgesetz gerichtet beurteilt."
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag", das Gericht habe in den bisherigen Entscheidungen zu den Rettungsschirmen immer den Gedanken der demokratischen Legitimation betont. Ähnlich sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) der "Rheinischen Post" (Samstag), Karlsruhe gehe es grundsätzlich darum, die Risiken für den deutschen Steuerzahler mit der Verfassung vereinbar zu halten. Mit dem Fiskalpakt werde eine Schuldenbremse auf europäischer Ebene eingeführt. Damit erfülle er eine zentrale Forderung des Gerichts.
Am Mittwoch entscheidet das höchste Gericht in Karlsruhe über mehrere Eilanträge gegen den Rettungsschirm. Unmittelbar danach kann Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin im Bundestag in einer Regierungserklärung auf den Richterspruch zu ESM und Fiskalpakt reagieren. Am selben Tag will auch die EU-Kommission ihre Pläne für eine europäische Bankenaufsicht vorstellen. Und in den Niederlanden - in der Euro-Krise einer der wenigen Verbündeten Berlins - wird eine neue Regierung gewählt.
Der CSU-Politiker Peter Gauweiler reichte wenige Tage vor der Entscheidung in Karlsruhe einen neuen Eilantrag ein. Er begründete dies mit dem Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB), unter bestimmten Voraussetzungen unbegrenzt Anleihen von Euro-Krisenstaaten zu kaufen. Damit habe sich die Beurteilung der Rettungsmaßnahmen grundlegend geändert, argumentiert Gauweiler in dem Antrag. Notfalls solle das Gericht die für Mittwoch geplante Urteilsverkündung verschieben. Das Gericht wollte sich dazu nicht äußern.
Der FDP-Finanzpolitiker Hermann Otto Solms warnte Karlsruhe in der "Welt am Sonntag": "Würde der ESM verhindert, wäre die Gefahr groß, dass die EZB auf Dauer Anleihen kauft." Unions-Fraktionsvize Michael Meister sagte: "Falls das Gericht den ESM für verfassungswidrig halten sollte, drohen Turbulenzen an den Finanzmärkten." Allerdings sei auch ein verordneter Stopp für den ESM zu verkraften, weil dessen Vorgänger EFSF noch 100 bis 200 Milliarden Euro in Reserve habe.
Auf die Frage, ob er den Bürgern versprechen könne, dass der Euro die Krise überleben werde, sagte Schäuble: "Ja, das kann ich. Der Euro bleibt eine vertrauenswürdige Währung, wenn ich auch befürchte, dass die Verunsicherung noch eine Weile anhalten wird." Zugleich warnte Schäuble in der "Bild am Sonntag" die europäischen Krisenstaaten, nach der EZB-Entscheidung zum Kauf weiterer Staatsanleihen bei den Reformen nachzulassen.