Klotz am Bein der Kanzlerin?

Merkel und die Krise um Westerwelle. Er will nun „selbstbewusst und offensiv“ auftreten
von  Abendzeitung
Guido Westerwelle denkt nicht an den Rücktritt von seinem Posten als Parteichef.
Guido Westerwelle denkt nicht an den Rücktritt von seinem Posten als Parteichef. © dpa

BERLIN - Merkel und die Krise um Westerwelle. Er will nun „selbstbewusst und offensiv“ auftreten

Im Sommer 2001 tourten sie zusammen im Cabrio herum, die neue CDU-Chefin und der forsche junge FDP-Chef, setzten sich in Szene als Traumduo, unverstaubt, zupackend, wenn man sie nur ließe. Dann hat der Wähler sie gelassen: Seit gut einem Jahr regieren Bundeskanzlerin Angela Merkel und Guido Westerwelle nun zusammen. Und der FDP-Chef wird auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel immer mehr zum „Klotz am Bein“, wie es selbst FDP-Mann Herbert Mertin formuliert. Der Kanzlerin kann die Krise ihres Vizekanzlers nicht egal sein: 2011 wird für die ganze schwarz-gelbe Koalition zum Schicksalsjahr, und in dieser Woche muss Westerwelle wichtige Weichen stellen.

Gestern suchte die FDP vor allem Ruhe vor ihrem Dreikönigstreffen. „Schwierige Situationen haben wir mit dem Dreikönigstreffen häufig zum Guten wenden können“, verbreitet Fraktionschefin Birgit Homburger Zuversicht. Ihr Vize Patrick Döring: „Westerwelle hat klargemacht, dass er weitermachen will.“ Allerdings wurden auch zahlreiche Forderungen an den Parteichef aufgestellt, wie seine Rede zu sein habe: selbstkritisch genug, um den Unmut zu besänftigen; kämpferisch genug für einen Befreiungsschlag. Er arbeite „sehr konzentriert an der Rede“, hieß es gestern aus seiner Umgebung; fest vereinbarte Interview-Termine wurden abgesagt. Er werde „sehr selbstbewusst und offensiv“ auftreten und denke gar nicht an Rücktritt.

Er weiß, um wie viel es geht – und Merkel weiß es auch. Nicht zufällig sickerte nun aus dem Kanzleramt durch, Merkel habe ihn in „mehreren vertraulichen Gesprächen“ zum Durchhalten ermuntert. Stürzt Westerwelle als Parteichef – und als Rückzug aus freien Stücken könnte er einen Abschied nun kaum noch verkaufen – wäre auch die Frage, wie lange er sich als Außenminister noch halten könnte. Und wie viel Gewicht und Durchsetzungskraft er ohne Parteiposten in einer Koalition mit CDU-Chefin Merkel und CSU-Chef Seehofer noch hätte. Doch eine Kabinettsumbildung mit aller zugehörigen Unruhe kann Bundeskanzlerin Angela Merkel nun gar nicht brauchen.

Denn die anstehenden sieben Wahlen werden für Schwarze wie Gelbe zur Bewährungsprobe. Die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen haben sie ohnehin schon so gut wie abgeschrieben. Ein Knackpunkt wird Baden-Württemberg: Geht die Macht dort nach 60 Jahren für die CDU verloren und bleibt die FDP in ihrem Stammland sogar unter der Hürde, würden die Wellen auch Berlin erreichen. Auch wegen des Signals: Die Union hat außer der schwächelnden FDP keinen Partner. Die Option Schwarz-Grün hat Merkel gerade selbst beerdigt. tan

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