Klimagipfel: 120 Staatschefs und ein Scherbenhaufen
Die Positionen der Industrie- und Entwicklungsländer liegen unüberbrückbar weit auseinander. Es gibt kein rechtsverbindliches Abkommen. Die Staatschefs stehen vor einem Scherbenhaufen.
Ein großes Finale sollte es geben, Obama kommt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sowieso und rund 120 weitere Staatschefs wollten sich und die Fortschritte beim weltweiten Klimaschutz feiern. Doch daraus wird aller Voraussicht nach nichts. Ein rechtsverbindliches Abkommen, an das sich alle Unterzeichner-Staaten halten, ist ausgeschlossen. Die Staatschefs stehen vor einem Scherbenhaufen.
Ein solches Abkommen, das die Reduzierung der Treibhausgase und die Reduzierung der Erderwärmung auf zwei Grad vorsieht, war das Ziel unter anderem der Bundesregierung. Und kurz vor ihrer Abfahrt nach Dänemark hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel noch einmal gesagt: „Gelingt das nicht, dies für alle als geltende Verpflichtung zu erreichen, muss ich sagen, ist die Klimakonferenz in Kopenhagen gescheitert.“
Und danach sieht es derzeit aus, denn die Positionen liegen weit auseinander. Die Entwicklungsländer fordern von den Industrieländern eine Reduzierung ihrer Emissionen um 40 Prozent bis 2020. Die Europäer haben 20 Prozent angeboten. Die Chinesen bieten gar nichts an, obwohl sie mit zu den größten Verschmutzern gehören, fordern aber noch mehr Emissionsverzicht von den Industrieländern.
Die armen Länder fordern darüber hinaus von den reichen finanzielle Unterstützung für Klimaschutz-Maßnahmen. Experten beziffern die nötigen Investitionen auf 100 Milliarden Euro. Die Europäer haben zehn Milliarden angeboten, die USA wollen sich auch beteiligen, Mit wie viel, ist unklar. Von einem „fairen Anteil“ sprach Außenministerin Hillary Clinton.
Welche Rolle die USA bei dem Gipfel spielen werden ist unklar. Hoffnungen, Barack Obama werde mehr mitbringen als bisher angeboten wurde, gelten als übertrieben. In ihren Klimazielen fallen die USA als größter Energiefresser der Welt weit hinter die der Europäer zurück.
Sie bieten zwar wohlklingende 17 Prozent Verringerung des Treibhausgasausstoßes, doch bezogen auf das Jahr 2005, und dies sind umgerechnet auf das Referenzjahr 1990, das in Kyoto festgelegt wurde und an das sich die Europäer halten, nur magere 4 Prozent. Die EU bietet 20 Prozent und wäre auch bereit, auf bis zu 30 Prozent zu gehen, wenn andere mitziehen. „Wir wollen nichts versprechen, was wir nicht haben“, sagt der US-Delegationsleiter Todd Stern.
Obamas Presse-Sprecher sagte, er hoffe, „dass Obamas Anwesenheit hilfreich“ sein könne. Ein schwacher Trost. Für Obama steht dennoch viel auf dem Spiel: Er will beweisen, dass die Jahre der Untätigkeit unter George Bush zuende sind, er muss sich aber dem Druck derselben Lobbys erwehren, wie sein Vorgänger.
Angesichts der weit auseinander liegenden Position sprach Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) von einer „kritischen Situation“. Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert „eine gemeinsame Kraftanstrengung“. Die dänische Verhandlungspräsidentschaft gab gestern Vormittag das Ziel eines Klimaabkommens auf. Es werde keinen eigenen Text geben, hieß es aus der Umgebung des dänischen Ministerpräsidenten Lars Løkke Rasmussen.
Möglich ist jetzt noch ein politisches Abkommen, das in den nächsten Monaten zu einem rechtsverbindlichen Abkommen ausgearbeitet werden kann.
Und als letzte Option eine „Schlusserklärung“, in der alle ihren Guten Willen erklären und sonst nichts: Das ist die wahrscheinlichste und die schlechteste Lösung.