Kinderpornos im Netz: Zensursula heißt jetzt Censilia
BRÜSSEL - EU-Kommissarin Cecilia Malmström lässt den gescheiterten Vorstoß von Ursula von der Leyen wieder aufleben: Sie will beim Thema Kinderpornos Sperren im Internet durchsetzen.
Totgeglaubte Ideen leben manchmal länger: Die EU will jetzt beim Thema Kinderpornos Sperren im Internet europaweit durchsetzen. Vor dieser Idee der damaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) war Berlin im vergangenen Jahr noch zurückgeschreckt. Nun kommt sie durch die Brüsseler Hintertür zurück. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström kündigte an, „mit den dunklen Ecken des Internets und den kriminellen Bildern von Kindesmissbrauch aufzuräumen“.
Von der Leyen hatte sich mit derselben Idee weit aus dem Fenster gelehnt – und sich ein blaues Auge in der Internetgemeinde geholt: Stoppschilder, die auf dem Computer plötzlich aufblinken, wenn der Nutzer versucht, eine Kinderporno-Seite anzusurfen. Kritiker bemängelten das als Aktionismus, weil es relativ leicht ist, solche Sperren zu umgehen. In der Onlineszene war der Aufschrei trotzdem wütend: Weil sie die Idee für Zensur hält, bekam von der Leyen den Spitznamen „Zensursula“ verpasst.
Nun kursiert schon die nächste abwertende Verballhornung: „Censilia” statt Cecilia. EU-Kommissarin Malmström will nämlich noch über den damaligen Vorschlag von der Leyens hinausgehen. In einem Beitrag in der „FAZ“ kündigte sie eine umfassende EU-Richtlinie zum Kinderschutz an. Diese werde zahlreiche Online-Aktivitäten strafbar machen, schrieb Malmström (siehe Kasten links).
Nach europäischem Recht müssen die Mitgliedsstaaten EU-Richtlinien zwingend in nationales Recht umsetzen. Damit träte die kuriose Situation ein, dass Deutschland ein fallen gelassenes Gesetz gegen den Willen der Regierung nun doch einführen muss. Internetwirtschaft und Netzaktivisten kritisierten das scharf.
Von der Leyen hatte ihre Stoppschilder noch zu Zeiten der großen Koalition geplant. Als der Widerstand immer heftiger wurde, gab die neue schwarz-gelbe Koalition den Plan schließlich auf. Vor allem die FDP hatte sich gegen Zugangsstopps im Internet gewehrt. Schwarz-Gelb beschloss dann den Grundsatz „Löschen statt Sperren“: Anstelle Kinderporno-Seiten auszusperren solle versucht werden, diese abzuschalten.
Daran halte die Bundesregierung fest, sagte ein Sprecher gestern. Berlin gehe damit sogar einen Schritt weiter. Ob das Brüssel genauso sieht, ist unklar. Noch muss Malmströms Richtlinie erst das EU-Parlament passieren. mue