Fall Breonna Taylor: Polizisten bei Protesten angeschossen

Der Tod der Afroamerikanerin Breonna Taylor durch Polizeikugeln in ihrem eigenen Zuhause hat Amerika aufgewühlt. Eine umstrittene Entscheidung der Behörden in dem Fall löst Empörung und Proteste in mehreren Städten aus - in Louisville werden Polizisten angeschossen.
dpa |
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In Louisville (Kentucky) gab es nach der Entscheidung Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten.
In Louisville (Kentucky) gab es nach der Entscheidung Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten. © John Minchillo/AP/dpa
Washington

Eine umstrittene Justizentscheidung nach dem Tod der Afroamerikanerin Breonna Taylor bei einem Polizeieinsatz in Louisville hat in den USA neue Proteste gegen Rassismus ausgelöst.

In der Stadt im Bundesstaat Kentucky selbst wurden dabei zwei Polizisten angeschossen, wie der amtierende Polizeichef Robert Schroeder mitteilte. Demonstrationen gab es laut Medienberichten auch in New York, Washington, Chicago, Atlanta, Philadelphia und Las Vegas. Prominente wie die Musikerin Alicia Keys, Schauspieler George Clooney und Basketball-Star LeBron James zeigten sich empört über die Entscheidung.

Kentuckys Justizminister Daniel Cameron hatte zuvor verkündet, dass wegen des Todes der 26-jährigen Rettungssanitäterin im März keiner der drei an dem Einsatz beteiligten Polizisten direkt angeklagt werde. Gegen einen der Beamten wird zwar Anklage erhoben, allerdings deswegen, weil er andere Bewohner in dem Mehrfamilienhaus gefährdet haben soll. Die beiden anderen hätten sich dagegen selbst verteidigt. Die Stadt Louisville hatte sich vergangene Woche in einem Zivilverfahren mit Taylors Familie auf eine ungewöhnlich hohe Vergleichszahlung von zwölf Millionen Dollar geeinigt. Zugleich stellte sie Reformen bei der Polizei in Aussicht.

Lonita Baker, eine Anwältin der Familie Taylor, kritisierte die Entscheidung vom Mittwoch als "beleidigend und ungeheuerlich". Polizisten könnten sich nicht verteidigen, indem sie unbeteiligte Menschen gefährdeten. "Breonna Taylor war unbewaffnet, eine unschuldige Person, auf die in dieser Nacht nicht hätte geschossen werden dürfen." Die Musikerin Alicia Keys twitterte, sie sei wütend. Die Entscheidung sei "ungerecht" und ein perfektes Beispiel für ein bis aufs Mark verdorbenes System. Oscar-Preisträger George Clooney nannte die Entscheidung beschämend. Basketball-Profi LeBron James schrieb auf Twitter: "Heute habe ich keine Worte. Ich bin am Boden zerstört, verletzt, traurig, wütend."

Die Verletzungen der bei den neuerlichen Protesten angeschossenen Polizisten in Louisville seien nicht lebensgefährlich, sagte Polizeichef Schroeder. Sie würden im Krankenhaus behandelt. Einer von ihnen sei operiert worden. Ein Verdächtiger sei festgenommen worden. Die Behörden hatten aus Angst vor Ausschreitungen bereits vorsorglich die Nationalgarde in die Stadt beordert und Sperren errichtet. Bürgermeister Greg Fischer verhängte von 21.00 bis 6.30 Uhr (Ortszeit) eine Ausgangssperre.

Dennoch zogen Demonstranten durch die Straßen und skandierten "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden", wie Medien berichteten. Es sei zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen, Schüsse seien gefallen, mehrere Demonstranten seien festgenommen worden.

Auch sein Herz sei wegen des Todes Taylors gebrochen, sagte Kentuckys Justizminister Cameron. Der Republikaner ist der erste schwarze Justizminister des Bundesstaates. "Aber Strafgesetze sind nicht dazu gemacht, auf jeden Schmerz und Verlust einzugehen." Präsident Donald Trump lobte Cameron als "einen Star" und sagte, dieser mache einen "fantastischen Job". Er begrüßte außerdem den Einsatz der Nationalgarde.

Über sich selbst sagte der Republikaner Trump: "Meine Botschaft ist, dass ich die schwarze Gemeinschaft liebe und mehr für sie getan habe als jeder andere Präsident, möglicherweise mit der Ausnahme von Abraham Lincoln." Trump wird immer wieder vorgeworfen, Polizeigewalt gegen Schwarze nicht eindeutig zu verurteilen. Der Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, sagte, die Entscheidung vom Mittwoch befriedige nicht den Ruf nach einer gleichberechtigten Justiz.

Die Polizisten waren am 13. März bei Taylors Wohnung mitten in der Nacht mit einem Durchsuchungsbefehl eingetroffen. Der Untersuchung zufolge klopften sie an der Tür und gaben sich als Polizei zu erkennen. Dafür gebe es einen Zeugen, sagte Justizminister Cameron. Als sie keine Antwort erhielten, hätten sie die Tür aufgebrochen. In der Wohnung hätten sie einen Mann und eine Frau gesehen. Der Mann - Taylors Freund - habe als Erster geschossen und einen der Beamten am Bein verletzt.

Daraufhin hätten die Polizisten das Feuer eröffnet und 32 Schüsse abgegeben, sagte Cameron. Sie hätten die unbewaffnete Breonna Taylor mindestens fünf Mal getroffen, ihren Freund hingegen nicht. Taylors Freund gab an, dass er zwar ein Klopfen an der Tür gehört habe - aber nicht, dass es die Polizei sei. Deswegen habe er die Polizisten für Einbrecher gehalten.

Von den Kugeln, die die 26-jährige Rettungssanitäterin trafen, sei eine tödlich gewesen. Einer der Polizisten habe zehn Mal von außerhalb der Wohnung geschossen. Einige seiner Kugeln hätten Nachbar-Apartments getroffen. Der Beamte werde wegen "mutwilliger Gefährdung" in drei Fällen angeklagt. Dafür drohen ihm drei Mal bis zu fünf Jahre Haft.

Rund um den Fall bleiben Fragen offen. So werden die Umstände rund um die Ausstellung des Durchsuchungsbefehls weiterhin untersucht. Medienberichten zufolge waren die Beamten im Rahmen einer Drogenfahndung auf der Suche nach Taylors Ex-Freund. In der Wohnung sei kein Rauschgift gefunden worden. Außerdem gibt es Berichte, die Polizisten hätten sich nicht angekündigt, was sie aber laut Durchsuchungsbefehl auch nicht hätten machen müssen. Auch die Bundespolizei FBI ermittle noch in dem Fall.

© dpa-infocom, dpa:200924-99-684451/8

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3 Kommentare
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  • am 30.09.2020 04:26 Uhr / Bewertung:

    Trump spaltet und luegt wie kein anderer, schüttet immer noch Öl ins Feuer, hoffentlich sind die Amerikaner so schlau und wählen ihn ab. So etwas Uebles als Präsident macht immer wieder fassungslos.

  • Mad Nordel am 25.09.2020 09:54 Uhr / Bewertung:

    Wen wundert es noch?!
    Eigentlich, ist es eher ein Wunder das nicht schon das halbe Land brennt.
    Aber ich denke, dass die Schwarzen dem Trump diesen Gefallen nicht tun möchten.

    Wir als Europäer kennen das ja nur zu gut.
    Unsere gegenwärtige Friedfertigkeit wird als schwäche ausgelegt, ganz nach dem Motto - ihr seit doch so Klug, dann gibt auch gefälligst immer nach.

    Mal schauen wie lange das bei uns noch gut geht, dann interessiert mich die USA.
    Vorher, Europa zuerst!
    "um mal in deren Niveau zu sprechen"

  • Der wahre tscharlie am 24.09.2020 16:53 Uhr / Bewertung:

    "Über sich selbst sagte der Republikaner Trump: "Meine Botschaft ist, dass ich die schwarze Gemeinschaft liebe und mehr für sie getan habe als jeder andere Präsident, möglicherweise mit der Ausnahme von Abraham Lincoln."

    Grössenwahnsinnig sag ich da nur. Absoluter Realitätsverlust! Aber das passt zu seiner Aussage, bei einem Wahlverlust das Weiße Haus eventuell nicht freiwillig zu verlassen.
    Und er spaltet dieses Land in unvorstellbarem Ausmaß. Vielleicht spekuliert er auch darauf, dass die Proteste bis zur Wahl so eskalieren, dass er sich als "Retter der Nation" präsentieren kann.
    Ich hoffe nur, dass die Farbigen sich auf seine Strategie nicht einlasssen.

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