Keine Angst!

Der Vize-Chef der AZ über die Reaktion der Deutschen auf Fukushima.
von  Georg Thanscheidt
In Sachen Angst ist Deutschland Weltmarktführer - alle Geigerzähler sind schon ausverkauft.
In Sachen Angst ist Deutschland Weltmarktführer - alle Geigerzähler sind schon ausverkauft. © dpa

Der Vize-Chef der AZ über die Reaktion der Deutschen auf Fukushima.

München Deutschland hat Angst. Geigerzähler sind ausverkauft, Menschen decken sich mit Jod-Tabletten ein. Warum hat der Deutsche Angst? Weil in Japan, 9400 Kilometer Luftlinie von München entfernt, mehrere Atomreaktoren beschädigt sind und Radioaktivität freigesetzt wird.

Erinnerungen an Tschernobyl werden wach, Erinnerungen an die Furcht vor einer bis dahin unbekannten und noch dazu unsichtbaren Gefahr – der Verstrahlung. Also macht der Deutsche die Augen zu und horcht tief in sich hinein. Und was findet er dort: Angst.

Dieses Substantiv, das nur im Deutschen und Niederländischen existiert und das daher seit 150 Jahren – neben Weltschmerz, Wanderlust und Waldsterben – ein sprachlicher Exportschlager ist. In Sachen Angst sind wir Deutschen wirklich Weltmarktführer.

Und wir lassen keinen Anlass – ob Vogelgrippe, BSE oder Sauren Regen – aus, um das unter Beweis zu stellen. Niemand hat freiwillig Angst – selbst der Deutsche nicht. Aber was hilft dagegen? Vielleicht einfach mal, die Augen zu öffnen und die Welt nicht schmerzlich verzerrt, sondern sachlich zu sehen.

Um festzustellen, dass Asien allen Anlass für Atom-Angst hat – nicht wir. Zwischen uns und Japan liegen Kontinente und Meere, die Wahrscheinlichkeit, dass bei uns Geigerzähler oder Jodtabletten zum Einsatz kommen müssen, ist verschwindend gering. Mitgefühl und politische Konsequenzen sind angemessen – Angst, Panik gar, ist es nicht.

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