Kein Brennpunkt
Der Chefreporter der AZ, Matthias Maus, über Wulffs Auftritt
Aus vorbei, vertan. Wer gehofft hatte, Christian Wulff werde 15 Minuten beste Sendezeit für eine große Geste nutzen, der sank enttäuscht zurück in den Fernsehsessel. Wir müssen diesen Bundespräsidenten weiter aushalten. Es sind Großereignisse, die für die Verschiebung des Hauptabendprogramms sorgen, doch Wulffs Auftritt war kein „Brennpunkt“, nur billiges Theater. Der Drohanruf beim Journalisten war „unwürdig“? Und was folgt aus dem „schweren Fehler“? Nichts. Er hätte seinen Kredit „transparenter“ machen müssen. Konsequenz? Null. „Man ist ja nur Mensch.“
Wulff bietet Fingerübungen der Zerknirschung und zeigt, dass er nichts verstanden hat. Er möchte „nicht in einem Land leben, in dem man sich nichts mehr von Freunden leihen kann“. Wer will das schon. Es geht aber nicht um einen Zehner am Abend. Es geht um drohende Abhängigkeit, es geht um Spezlwirtschaft, und um seinen Versuch, sie zu vertuschen. Mit seiner Mischung aus defensiven Mitleidsheischerei und trotziger Larmoyanz hat Wulff alles verspielt.
Was immer er künftig sagen wird, zu Bürgerrechten daheim und Ausland, zu Moral in der Wirtschaft oder im Allgemeinen, man wird ihn nicht mehr ernstnehmen. Das ist das Schlimmste, was in einem Amt passieren kann, das von nichts mehr lebt als von Anstand und Seriosität. Wir müssen mit diesem Präsidenten leben, wir können mit ihm leben, aber jetzt ist Christian Wulff einfach wurscht.
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