Kaum Bargeld mehr für Asylbewerber in Bayern – stattdessen Bezahlsystem und Kindersprachkurse

Das Bezahlkartensystem kommt. Nur einen kleinen Anteil Bargeld soll es für Asylbewerber in Bayern geben. Zudem wird mit verpflichtenden Sprachkursen für Flüchtlingskinder im Freistaat geplant.
von  Ralf Müller, Heidi Geyer
Staatskanzleiminister Florian Herrmann (r.) berichtet aus dem Kabinett.
Staatskanzleiminister Florian Herrmann (r.) berichtet aus dem Kabinett. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

München - Die bayerische Staatsregierung hat beschlossen, Bargeldleistungen für Asylbewerber künftig weitgehend durch ein Bezahlkartensystem zu ersetzen. Das System soll "ab Frühjahr 2024" im Freistaat zur Anwendung kommen, kündigte Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in München an.

Bayern wäre das erste Bundesland, das Bargeld für Asylbewerber, die in Ankerzentren sowie in der Anschlussunterbringung leben, weitgehend abschafft. Der Bund wolle selbst kein solches System flächendeckend einführen, sondern überlasse das den Ländern, sagte Herrmann.

Es besteht ein rechtlicher Anspruch auf Taschengeld

Damit will Bayern die Anreize für Migranten, nach Deutschland zu kommen, verringern und verhindern, dass Asylbewerber Geld in die Heimatstaaten überweisen. Es gebe Länder, in denen die Rücküberweisungen von Asylbewerbern einen Teil des Bruttoinlandsprodukts abdecke, so der Staatskanzleiminister. Ein Teil dieser Gelder würde auch verwendet, um Schlepper zu bezahlen, betonte der stellvertretende Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler).

Bargeldabhebungen müssen durch die Karte jedoch in beschränktem Maße möglich bleiben, da Asylbewerber einen rechtlichen Anspruch auf ein Taschengeld zur Deckung des "notwendigen persönlichen Bedarfs" haben. Innenminister Herrmann sprach unlängst von einem "kleinen Anteil Bargeld". Überweisungen oder online-Käufe sollen jedoch nicht mehr möglich sein. Der Einsatzbereich der Bezahlkarte wird zudem geografisch und auf bestimmte Händlergruppen beschränkt.

Vorwurf der Grünen: Söder presche nur wegen des Show-Effektes vor

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte diese Beschränkung kürzlich mit "Leberkäse ja, Alkohol nein" umschrieben. Experten sehen allerdings Probleme bei der Umsetzung speziell dieser Vorgabe. Außerdem könnten mit Bezahlkarte erworbene Waren wieder zu Geld gemacht werden.

Das kritisiert auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. "Bisher hat die Karte zum Beispiel in Erding und Zirndorf nicht funktioniert, weil lokale Händler sie nicht als Zahlungsmittel akzeptiert haben. Vor diesem Hintergrund Bayerns Behörden nun im Hauruck-Verfahren diesen enormen Verwaltungsaufwand aufzuladen, ist schlicht unverantwortlich." Sie wirft Söder vor, für den Show-Effekt vorzupreschen.

Bis Jahresende erwartet das bayerische Innenministerium 50.000 Asylanträge

Mit der praktischen Umsetzung des Bezahlkarten-Beschlusses ist das bayerische Innenministerium beauftragt, dessen Chef Joachim Herrmann (CSU) jedoch nicht an der Pressekonferenz teilnahm. Nach den Angaben seines Hauses sind bis Oktober 2023 in Bayern fast 43.000 neue Asylanträge registriert worden. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahreszeitraum eine Zunahme um 96,7 Prozent. Bis zum Ende des Jahres erwartet das bayerische Innenministerium 50.000 Asylanträge im Freistaat und 380.000 bundesweit.

Derzeit sei ein "leichter Rückgang" des Zustroms an Asylbewerbern in Bayern zu beobachten, berichtete Staatskanzleiminister Florian Herrmann. Das wird auf die vermehrte Festnahme von Schleusern durch die Grenzpolizei zurückgeführt. Um die Anreize, nach Deutschland zu kommen, zu reduzieren, ist nach Ansicht von Vizeministerpräsident Aiwanger auch eine Reform des Bürgergeldes notwendig.

Verpflichtende Sprachtests für Kinder von Migranten

Der Unterschied zwischen Bürgergeld und Arbeitseinkommen sei zu gering, um mehr Asylbewerber, aber auch ukrainische Kriegsflüchtlinge zur Arbeitsaufnahme zu bewegen, so Aiwanger. Eine Arbeitspflicht für Asylbewerber hält er für nicht umsetzbar. Wer das versuchen wolle, dem wünsche er "viel Spaß".

Rechtzeitig zu Beginn des Schuljahres 2024/2025 werden nach dem Willen der Staatsregierung verpflichtende Sprachtests für Flüchtlingskinder eingeführt. Für Migrantenkinder, die nicht über hinreichende Sprachkenntnisse verfügen, um dem Unterricht zu folgen, soll es je nach Alter ein weiteres Kindergartenjahr mit Sprachtraining oder eine verstärkte Förderung an den Schulen geben.

Das bayerische Kabinett beschloss zudem eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel, das Strafgesetzbuch um einen Straftatbestand der "verbotenen Sympathiewerbung" zu erweitern. Unterstützung und Mitgliederwerbung für terroristische Vereinigungen sind bereits unter Strafe gestellt, nicht aber die Sympathiewerbung.

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