Kauder erwartet schwierige Gespräche mit der SPD

Die SPD will kein zweites Mal als Anhängsel der CDU untergehen. Wie kann man die Sozialdemokraten da wieder für eine große Koalition gewinnen?
von  dpa

Berlin - Das Finanzministerium dementiert, Steuererhöhungen vorzubereiten. CSU-Chef Seehofer schließt diese kategorisch aus.

Unionsfraktionschef Volker Kauder warnte vor einem zu großen Entgegenkommen seiner Partei in Koalitionsgesprächen mit der SPD. "Ausgangspunkt für die Verhandlungen ist unser Regierungsprogramm. Die SPD ist nicht der Wahlsieger", sagte Kauder der "Welt am Sonntag". Der Unions-Politiker begrüßte den einmütigen Beschluss eines SPD-Parteikonvents für Sondierungsgespräche mit der Union. "Die Entscheidung der SPD ist ein Zeichen der Vernunft." Er erwarte allerdings schwierige Verhandlungen mit den Sozialdemokraten.

Auch nach dem überraschend einmütigen Beschluss des SPD-Parteirats sind noch längst nicht alle Hürden auf dem Weg zu einem schwarz-roten Bündnis beiseite geräumt. Die SPD-Führung will auch den nächsten Schritt absegnen und zum Schluss die Basis entscheiden lassen.

Umstritten bleibt weiterhin die Forderung der SPD nach Steuererhöhungen. Eine Sprecherin von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dementierte einen Bericht des "Spiegels", wonach sein Ministerium eine Anhebung der Reichensteuer als Vorbereitung auf Koalitionsgespräche mit der SPD durchrechnen lasse.

Sowohl SPD als auch Grüne hatten sich im Wahlkampf für höhere Steuern ausgesprochen. Schäuble hatte dies abgelehnt. An dieser Haltung habe sich nichts geändert, sagte die Sprecherin. "Auch die Behauptung, es gäbe Rechenaufträge an Fachleute, ist unzutreffend."

Auch CSU-Chef Horst Seehofer erteilte Steuererhöhungen eine Absage. "Wir haben derzeit die höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten, der Staat muss mit dem auskommen, was er hat", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag". "Deshalb kommen Steuererhöhungen für meine Partei nicht in Frage." Seehofer fügte hinzu: "Die Bürger haben darauf mein Wort."

Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) warnte, Steuererhöhungen könnten niemals ein Selbstzweck sein. Man müsse über die Aufgaben reden, die in den nächsten vier Jahren zu bewältigen seien. "Wenn es möglich ist, diese Aufgaben ohne Steuererhöhungen zu finanzieren - und davon gehen wir in der Union aus -, dann sehe ich keine Notwendigkeit, die Steuern zu erhöhen", sagte er der "B.Z. am Sonntag".

Einer Umfrage der "Bild am Sonntag" zufolge hätten 47 Prozent der Unionswähler ihr Kreuz nicht bei CDU oder CSU gemacht, wenn diese vor der Wahl Steuererhöhungen angekündigt hätten. 46 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, dass Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel lieber auf eine Koalition mit SPD oder Grünen verzichten sollte, als Wahlversprechen zu brechen.

In der SPD bleiben indes Zweifel an einer Neuauflage der großen Koalition von 2005 bis 2009. Für die stellvertretende SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft jedenfalls ist der Parteirats-Beschluss vom Freitagabend keine "Schnellstraße in Richtung große Koalition". "Eines muss klar sein: Wir werden unsere Inhalte nicht auf dem Ramschtisch verhökern", sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin am Samstag im WDR.

Die Sondierungsgespräche könnten im Laufe der kommenden Woche starten. Kommt ein Koalitionsvertrag zustande, sollen darüber erstmals die rund 470 000 SPD-Mitglieder mitentscheiden; und zwar möglichst vor dem Bundesparteitag am 14. November in Leipzig.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe betonte im dpa-Interview, für die anstehenden Gespräche habe die SPD nun Vorrang, auch wenn die CDU offen für die Grünen sei. Bei den Sondierungsgesprächen werde die CDU "erst einmal erspüren müssen, wie ernst der Wunsch der SPD ist, in einem fairen Miteinander zueinander zu finden." Sollte am Ende "der Verhandlungsunwille anderer zu Neuwahlen führen, bräuchten wir nach dem Wahlergebnis für die Union keine Angst davor zu haben."

Auf der Grundlage ihres Regierungsprogramms will die SPD nun Kompromisslinien ausloten. Sie pocht auf einen Mindestlohn, eine Mietbremse, eine Rentenreform und auf höhere Steuern für Wohlhabende zugunsten von Kommunen, Bildung und Infrastruktur.

Die Grünen rangen nach ihrer Wahlniederlage um personelle und inhaltliche Konsequenzen. Grünen-Chef Cem Özdemir rief auf einem kleinen Parteitag zu einem Neustart auf. "Ein "Weiter so" kann und darf es nicht geben." Für das schlechte Abschneiden übernehme auch er Verantwortung. Özdemir will sich erneut um den Vorsitz bewerben. Er zeigte sich zu Sondierungen mit der Union über eine schwarz-grüne Koalition bereit, will der SPD aber den Vortritt lassen.

Die CDU-Vizevorsitzende Julia Klöckner rechnet mit langwierigen Koalitionsverhandlungen. "Es kann Jahresende werden, bis die neue Regierung steht", sagte sie der "Welt am Sonntag".

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