Karsai-Herausforderer tritt nicht an

Muss die Stichwahl trotzdem stattfinden? Die afghanische Verfassung gibt darauf keine Antwort - denn nun gibt es nur noch einen Kandidaten: den amtierenden Präsidenten. Der Herausforderer gibt auf.
Sechs Tage vor der Stichwahl in Afghanistan hat der Oppositionsführer Abdullah Abdullah seine Kandidatur zurückgezogen. Seine Forderungen nach Garantien für eine saubere Abstimmung seien nicht erfüllt, sagte der Herausforderer von Amtsinhaber Hamid Karsai vor Anhängern in Kabul. Damit sei eine transparente Wahl unmöglich.
«Ich werde an der Wahl am 7. November nicht teilnehmen», sagte Abdullah. Die Regierung Karsais habe schon seit Mai kein legitimes Mandat mehr, kritisierte der Politiker. Bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 20. August sei es zu massivem Betrug gekommen. Abdullah betonte jedoch, dass er seine Anhänger nicht zu einem Boykott der Stichwahl aufrufe. Wie schon bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl hat die islamisch-extremistische Aufstandsbewegung der Taliban auch vor der Stichwahl zum Boykott aufgerufen. Bei der Wahl am 20. August hatte Karsai nach ersten Auszählungsergebnissen mit über 54 Prozent eine absolute Mehrheit erzielt. Eine Überprüfung der Betrugsvorwürfe durch eine Untersuchungskommission ergab jedoch, dass rund ein Drittel der Stimmen für Karsai ungültig waren. Damit fiel Karsais Stimmanteil unter 50 Prozent, und die Wahlkommission setzte die Stichwahl an.
Nur geringe Siegchancen
Abdullah waren bei der für kommenden Samstag geplanten Stichwahl allerdings wenig Chancen eingeräumt worden. Nach dem um gefälschte Stimmen bereinigten amtlichen Endergebnis hatte der Ex-Außenminister bei der ersten Wahlrunde fast 20 Prozentpunkte hinter Karsai gelegen. Der Amtsinhaber hatte die absolute Mehrheit mit 49,67 Prozent der Stimmen knapp verfehlt. Die afghanische Verfassung sieht den Rückzug eines Kandidaten bei der Stichwahl nicht vor. Unklar blieb damit, ob Karsai nun ohne Stichwahl weiterregieren oder die Abstimmung trotz Abdullahs Rückzug stattfinden könnte. Artikel 61 der Verfassung bestimmt, dass der Präsident im ersten Wahlgang mit mehr als 50 Prozent der Stimmen gewählt werden muss, was Karsai nicht gelungen war. Karsais Wahlkampfmanager Wahid Omar sprach sich trotz Abdullahs Rückzug für eine Stichwahl aus. Omar sagte der britischen BBC: «Wir glauben, dass die Wahlen stattfinden müssen.» Abdullahs Entscheidung sei «sehr unglücklich», da die Afghanen das Recht hätten, zwischen zwei Kandidaten zu wählen. Man müsse nun auf die Wahlkommission warten, die über die Stichwahl entscheiden werde. Nach offiziellen Angaben sind bereits rund 15 Millionen Wahlzettel für die Stichwahl zwischen Karsai und Abdullah gedruckt. (dpa/AP)