Karlsruhe kippt Rauchverbot: Beckstein sieht keinen Handlungsbedarf

KARLSRUHE - Die Karlsruher Richter haben entschieden: Die Rauchverbote in Baden-Württemberg und Berlin sind verfassungswidrig. Doch nicht nur die Kneipenwirte fühlen sich jetzt als Sieger. Auch Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein ist zufrieden: Man sehe keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, ließ er verlauten.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts melden sich Befürworter und Gegner des Rauchverbots zu Wort. Die Nichtraucherinitiative Pro Rauchfrei ließ in München verlauten. „Die Länder haben ihre Unfähigkeit bewiesen, nun muss die Bundespolitik beweisen, dass sie es ernst meint mit dem Nichtraucherschutz“.
Doch die bayerische Landesregierung sieht das ganz anders. Nach dem Rauchverbots-Urteil des Bundesverfassungsgerichts sehe man keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, ließ Ministerpräsident Günther Beckstein verlauten.
Das Gericht habe entschieden, dass Rauchverbotsgesetze, die strikten Gesundheitsschutz vorsähen und keine Ausnahmen vom Rauchverbot in Gaststätten zuließen, mit dem Grundgesetz vereinbar sind, sagte Beckstein. Dies sei beim Bayerischen Gesundheitsschutzgesetz der Fall.
Weiter erklärte er: „Für Bayern ergibt sich damit aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kein gesetzlicher Handlungsbedarf. Die bayerische Regelung entspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts“, sagte Beckstein. Insgesamt bringe das Urteil Klarheit für den gesetzlichen Nichtraucherschutz.
Die Verfassungsrichter in Karlsruhe hatte die Rauchverbote in Berlin und Baden-Württemberg für verfassungswidrig erklärt. In den kleinen Kneipen dieser Bundesländer darf somit wieder geraucht werden. Bis zu einer Neuregelung sind vom Rauchverbot Trinkkneipen mit weniger als 75 Quadratmetern und nur einem Raum ausgenommen, zu denen Jugendliche keinen Zutritt haben.
Auch die Beschwerdeführer fühlten sich als Sieger: „Ich sehe wieder Licht am Ende des Tunnels“, sagte der Tübinger „Pfauen“-Wirt Uli Neu in Karlsruhe. „Meine Existenz ist gerettet.“ Nun hofft er auf eine rasche Neuregelung. Auch die Berliner Wirtin Sylvia Thimm zeigte sich erfreut. Vor Beginn der kühleren Jahreszeit dürfen ihre Gäste wieder in der Kneipe rauchen.
Doch so einfach verhält es sich mit dem Karlsruher Urteil nicht: Zwar wurde entschieden, dass die in den meisten Bundesländern geltenden Rauchverbote in kleinen Kneipen gegen das Grundgesetz verstoßen. Allerdings - so das Urteil - wäre ein striktes und absolutes Rauchverbot in allen Gaststätten verfassungsgemäß. Die Erklärung: Wenn die Länder Ausnahmen für größere Gaststätten zulassen, müssen sich auch Einraumkneipen als Raucherlokal kennzeichnen dürfen.
Die Länderparlamente müssen nun bis zum 31. Dezember 2009 eine Neuregelung schaffen. Entweder sie beschließen ein striktes Rauchverbot in Gaststätten oder sie lassen Ausnahmen zu, die dann auch Eckkneipen einbeziehen müssen. Bis dahin gilt eine Übergangsregelung für kleine Lokale mit nur einem Raum.
Die Drogenbeauftragte des Bundes, Sabine Bätzing appellierte an die Länder, nun strikte Rauchverbote zu erlassen. „Es ist ein Urteil für den Nichtraucherschutz und gegen Ausnahmeregelungen“, sagte sie in Karlsruhe. Das Gericht habe deutlich betont, dass ein absolutes Rauchverbot der richtige Weg wäre, um den Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Nun gelte es, die bestehenden Ausnahmen aus den Landesgesetzen zu streichen.
Auch Bayerns Landtags-Grüne haben eine strikte Umsetzung des Nichtraucherschutzes im Freistaat verlangt. Es müsse Schluss sein mit dem „Hintertürchen“ der Raucherclubs sowie Ausnahmen für Bierzelte, sagte die bayerische Grünen- Fraktionsvorsitzende Margarete Bause in München.
„Das Urteil bestätigt unsere Auffassung, dass die Gesundheit ein überaus wichtiges Gemeinschaftsgut ist, das geschützt werden muss.“ Wenn die CSU die Ausnahmen für Bierzelte verlängere, sei auch das bayerische Nichtraucherschutzgesetz nicht mehr verfassungskonform. (dpa/AP/AZ)