Karlsruhe: Grundsatzurteil zum Sonntags-Einkauf

Der alte Streit um die Ladenöffnungszeiten lebt wieder auf: Die Kirchen klagen gegen die liberalen Berliner Regelungen: Der Sonntag werde immer weiter ausgehöhlt. Das Verfassungsgericht will nun ganz generell entscheiden
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Sie müssen über die Ladenöffnungszeiten urteilen: Die Richter in Karlsruhe bei der Verhandlung.
dpa Sie müssen über die Ladenöffnungszeiten urteilen: Die Richter in Karlsruhe bei der Verhandlung.

KARLSRUHE - Der alte Streit um die Ladenöffnungszeiten lebt wieder auf: Die Kirchen klagen gegen die liberalen Berliner Regelungen: Der Sonntag werde immer weiter ausgehöhlt. Das Verfassungsgericht will nun ganz generell entscheiden

Wie heilig ist den Deutschen ihr Sonntag? Das Bundesverfassungsgericht steht vor einem Grundsatzurteil in einem langem Streit.

Worum geht es in Karlsruhe?

Berlin hat die bundesweit liberalsten Ladenöffnungszeiten: montags bis samstags rund um die Uhr plus zehn Sonntage im Jahr, darunter alle Adventssonntage. Dagegen hat die Evangelische Kirche geklagt: Der Sonntag sei als „Tag der Muße und seelischen Erhebung“ zu schützen. Landesbischof Wolfgang Huber bemühte gestern bei der Verhandlung zahlreiche Bibelworte, um die Besonderheit des Sonntags zu belegen, die immer weiter ausgehöhlt werde. Dabei geht es um weit mehr als Berlin: Schon die Unternehmen hatten von einer „Probebohrung“ auch für andere Bundesländer gesprochen. Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier machte gestern klar, dass das Gericht ein Grundsatzurteil in Sachen Sonntag fällen will. Es kommt in rund drei Monaten.

Wer hat sonst noch etwas gegen die Sonntagseinkauf?

Vor allem die Frauen, die 70 Prozent der Angestellten im Einzelhandel ausmachen. „Mit noch mehr Sonntagsarbeit macht man es ihnen schwierig bis unmöglich, sich gesellschaftlich zu engagieren“, sagt Ulrich Dalibor von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. „Das Familienleben würde zu kurz kommen“, weil die Frauen die Doppelbelastung von Beruf und Familie zu schultern haben. Darüber hinaus wären verkaufsoffene Sonntage „für die Versorgung nicht notwendig“.

Und wer ist dafür?

Der Einzelhandel sieht die Vorteile in einem höheren Umsatz. „Einzelne verkaufsoffene Sonntage, die mit Events verbunden werden, sind umsatzfördernd“, so Hubertus Pellengahr vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels. Das lohne sich vor allem in Städten. „Da findet der sonntägliche Familienausflug eben im Kaufhaus statt.“ Wenn die Läden am Sonntag geöffnet sind, kurbelt das den Tourismus an, sichert Arbeitsplätze und belebt die Innenstädte – das jedenfalls ist die Bilanz des Berliner Einzelshandelsverbandes.

Wie ist die Lage in Bayern?

Bei den Öffnungszeiten hat Bayern das konservativste Gesetz. Montags bis samstags können die Geschäfte von 6 bis 20 Uhr öffnen, vereinzelt sind Ausnahmen wie eine „Shopping-Nacht“ einmal pro Jahr möglich. Sonntags ist generell zu.

Arbeiten immer mehr Menschen auch sonntags?

Annähernd 11 von gut 38 Millionen Erwerbstätigen arbeiten bereits sonntags, davon fast die Hälfte regelmäßig oder ständig. Seit Anfang der 90er Jahre hat die Sonntagsarbeit um mehr als vier Prozent zugenommen. Die neue Freiheit der Länder seit der Föderalismus-Reform könnte diesen Trend verstärken.

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