Karadzic: «Die Nato will mich liquidieren»

Der frühere bosnisch-serbische Führer Karadzic hat sich geweigert, zur Anklage im Haager Kriegsverbrecherprozess gegen ihn Stellung zu nehmen. Stattdessen will er die Zuständigkeit des UN-Kriegsverbrechertribunals anfechten.
von  Abendzeitung
Gefasst erschien der Angeklagte vor Gericht
Gefasst erschien der Angeklagte vor Gericht © ap

Der frühere bosnisch-serbische Führer Karadzic hat sich geweigert, zur Anklage im Haager Kriegsverbrecherprozess gegen ihn Stellung zu nehmen. Stattdessen will er die Zuständigkeit des UN-Kriegsverbrechertribunals anfechten.

Radovan Karadzic bleibt auf Konfrontationskurs gegenüber dem UN-Kriegsverbrechertribunal. Der ehemalige Führer der bosnischen Serben bezeichnete das Tribunal am Freitag als «Gericht der Nato, die mich liquidieren will». Auch bei seinem zweiten Auftritt vor Gericht lehnte es Karadzic deshalb ab, zu der gegen ihn erhobenen Anklage wegen Völkermords Stellung zu nehmen. Ein Schuldbekenntnis hätte weitere Verhandlungen hinfällig gemacht. Jetzt muss die Staatsanwaltschaft ihre Vorwürfe gegen Karadzic lückenlos beweisen.

Die Staatsanwaltschaft klagte ihn am Freitag vor dem Tribunal in elf Punkten an, darunter Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. «Angesichts meines Standpunkts zu diesem Gericht werde ich nicht plädieren», sagte Karadzic, auf die Frage, ob er sich der Anklage des Völkermords schuldig oder nicht schuldig bezeichne.

Überarbeitete Anklage am Ende des Monats

Anklagevertreter Alan Tiger kündigte an, frühestens Ende des Monats eine überarbeitete Anklage vorzulegen, und handelte sich deshalb deutliche Kritik des Vorsitzenden Richters Iain Bonomy ein. Chefankläger Serge Brammertz hatte diese Überarbeitung schon vor vier Wochen angekündigt. Der Vorsitzende zeigte wenig Verständnis dafür, dass die Anklagevertreter in diesem seit langem vorbereiteten Verfahren jetzt so viel Zeit benötigten.

Der Vorsitzende gab Karadzic diesmal keine Gelegenheit, seine Behauptung zu wiederholen, die USA hätten ihm 1995 versprochen, er werde nicht vor Gericht gestellt, wenn er sich aus der Öffentlichkeit zurückziehe. Mit diesem Argument bestreitet Karadzic die Legitimität des Gerichts. Darüber soll nach einer Anordnung des Vorsitzenden erst bei einer weiteren Sitzung am 17. September beraten werden. Karadzic war Anfang der 90er Jahre politischer Führer der bosnischen Serben. Laut Anklage ist er unter anderem verantwortlich für einen Völkermord an den bosnischen Muslimen im damaligen Bürgerkrieg. Karadzic war Ende Juni nach mehr als einem Jahrzehnt auf der Flucht überraschend in Belgrad verhaftet und dem Gericht ausgeliefert worden. (dpa)

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