Kandidaten und Comeback: Bundespräsidenten-Casting-Show

Absagen und neue Namen. Die FDP ist für Gauck, die CDU strikt dagegen. Es kracht in der schwarz-gelben Koalition.
Wenn es nach der Mehrheit ginge, wäre die Sache klar: 54 Prozent wollen Joachim Gauck als Bundespräsidenten. Doch nicht die Emnid-Demoskopen bestimmen über die Chancen des unterlegenen Gegenkandidaten von Christian Wulff, sondern Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Koalitionsparteien und die Opposition. Die Folge: Die Show „Deutschland sucht den Bundespräsidenten“ hat begonnen, und es gibt einen handfesten Koalitionskrach.
Aus Bundeskanzlerin Angela Merkel Idee, einen gemeinsamen Kandidaten mit der Opposition zu suchen, wird vorerst nichts. Nicht einmal ein Gespräch mit SPD und Grünen gab es bislang. Bei den Beratungen in der Koalition sprach sich die FDP gegen den Ex-Uno-Umweltchef Klaus Töpfer aus – die liberale Drei-Prozent-Partei fürchtet ein Signal für Schwarz-Grün. Die FDP stellt sich jetzt per Präsidiumsbeschluss hinter Joachim Gauck.
Das wird von der Union strikt abgelehnt. Die CDU fürchtet, das Comeback des SPD-Kandidaten komme dem Eingeständnis gleich, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe bei der Wulff-Wahl einen Fehler gemacht. Das bedeutet: Es kracht gewaltig in der schwarz-gelben Koalition. Der plötzlich heiß gehandelte ehemalige Bischof Wolfgang Huber (69) ist den Katholiken in der Union zu evangelisch, der FDP ist der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende zu SPD-nah.
CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer zauberte am Samstag Petra Roth (67) aus dem Hut. Die respektierte CDU-Frau ist seit 17 Jahren CDU-Oberbürgermeisterin von Frankfurt, muss aber im März aufhören. Sie war Vorgängerin von Christian Ude (SPD) im Vorsitz des Deutschen Städtetags.
SPD und Grüne fordern ein „Treffen ohne Vorfestlegungen, SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte aber Joachim Gauck als „natürlichen Favoriten“. Der selbst wollte sich nicht äußern. „Fragen Sie doch Frau Merkel.“
Deutlicher wurden Andreas Voßkuhle und Norbert Lammert. Sowohl der Präsident des Bundesverfassungsgerichts als auch der Bundestagspräsident winkten ab. Noch nicht aus dem Rennen ist zumindest aus Unionssicht Ursula von Leyen. Doch die Arbeitsministerin ist ebenso aktive Politikerin wie Wolfgang Schäuble.
Und die Opposition will sich so wenig einen Koalitionspolitiker vorsetzen lassen, wie die CDU „einen Kandidaten von SPD-Gnaden“. Das sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder. Sauer sind die Linken, weil sie von der Kanzlerin nicht ins Spiel mit einbezogen werden: „Zutiefst undemokratisch“ schimpfte Fraktionschef Gregor Gysi. Mit ihrer Ablehnung des einstigen Bürgerrechtlers Joachim Gauck bei der Wahl von 2010 hatten die Linken die Wahl von Wulff erst ermöglicht.