Kandidaten-Poker um Gauck-Nachfolger

Die Suche von Union und SPD nach einem Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck geht in die entscheidende Phase.
dpa |
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Die Suche von Union und SPD nach einem Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck geht in die entscheidende Phase.

Berlin - Um einen Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck zu finden, bringen sich Union und SPD nun in Stellung. Am Freitagnachmittag (15.30 Uhr) treffen sich die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD, Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel, zu einer neuen Beratungsrunde im Kanzleramt.

Dass sie sich auf einen Kandidaten einigen, galt als unwahrscheinlich. Ausgeschlossen wurde es aber nicht. Beim Poker ums Präsidentenamt könnten die Grünen eine wichtige Rolle spielen.

Gabriel war vor Wochen vorgeprescht und hatte sich öffentlich für seinen Parteifreund Frank-Walter Steinmeier stark gemacht. Damit hatte er die Union massiv verärgert. In der Union gilt eine Kampfkandidatur in der Bundesversammlung am 12. Februar als wahrscheinlich, falls Gabriel nicht von Steinmeier abrückt. Das wiederum galt bei den Sozialdemokraten als so gut wie ausgeschlossen. Für diesen Fall sucht die Union nach einer profilierten Kandidatin oder einem Kandidaten, der für weite Teile von Grünen, FDP und anderen bürgerlichen Parteien wählbar wäre.

In der Bundesversammlung stellt die Union bei der Wahl des Bundespräsidenten zwar die größte Gruppe, nicht aber die Mehrheit. Zentrale Fragen und Antworten im Poker ums Amt des Bundespräsidenten:

Welche Chancen hat Steinmeier tatsächlich?

Der Außenminister bekommt viel Zustimmung von Prominenten und zum Teil auch aus der Opposition. Gabriel dürfte kaum noch von ihm abrücken können, ohne Steinmeier oder sich selbst zu beschädigen. Dass die Union den populären Sozialdemokraten mitträgt, gilt als unwahrscheinlich, aber nicht als ausgeschlossen. Linksparteichefin Katja Kipping lehnte Steinmeier jüngst als Bundespräsidenten ab und kündigte einen eigenen Kandidaten an. Das dürfte dessen Chancen in den ersten beiden Wahlgängen nicht vergrößert haben.

Wie geht die Union in die entscheidenden Gespräche mit der SPD?

Die Kanzlerin und Seehofer wollen dem Vernehmen nach zunächst hören, wie Gabriel auf die Personalvorschläge reagiert, die Merkel ihm am Sonntag als Alternative zu Steinmeier unterbreitet hat. In der Union wird damit gerechnet, dass Gabriel an Steinmeier festhält. Dann könnte die Dreierrunde ähnlich rasch vorüber sein wie am Sonntag. Gabriel würde das Kanzleramt verlassen, die Unions-Granden weiter über einen eigenen Kandidaten beraten.

Ist auch ein anderes Szenario denkbar?

Ja. Sollte Gabriel auf Steinmeier beharren, könnten Merkel und Seehofer erklären, man wolle eine Kandidatin oder einen Kandidaten präsentieren, die oder der von weiten Teilen der Grünen, der FDP und anderen Mitgliedern der Bundesversammlung wählbar sei. Die Kalkulation: Steinmeier würde sich nicht auf eine derart wackelige Wahl einlassen - Gabriel könnte bereit sein, einen Kompromisskandidaten mitzutragen.

Merkel, so heißt es in der Union, will nach der Bundespräsidentenwahl zu Beginn des Bundestagswahljahres auf keinen Fall als Verliererin dastehen. Ob sie allerdings tatsächlich eine erfolgversprechende Kandidatin oder einen Kandidaten präsentieren kann, ist offen.

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Als unwahrscheinlich wurde in der Koalition eine erneute Vertagung der Sondierungen über einen Konsenskandidaten gehalten. Stattdessen hieß es, auch eine längere Runde sei denkbar, in deren Verlauf es auf jeder Seite weitere Absprachen mit den eigenen Reihen geben könnte.

Welche Rolle spielen die Grünen?

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann brachte sich unmittelbar vor dem Treffen quasi selbst ins Spiel. "Wenn man mich dann ruft - der Ruf wird aber ziemlich sicher gar nicht kommen - dann muss ich mir das reiflich überlegen", sagte er im SWR-Fernsehen. Kretschmann hatte sich zuletzt sogar dafür ausgesprochen, dass Merkel Kanzlerin bleibt. Er gilt schon länger als möglicher Kandidat, sagte aber auch im SWR: "Ich bin gerne Ministerpräsident von Baden-Württemberg."

Würde das die CSU mitmachen?

Unwahrscheinlich - aber nicht völlig ausgeschlossen. In der CSU heißt es zwar, es sei eine Selbstverständlichkeit, dass die Union als größte Gruppe in der Bundesversammlung einen Kandidaten mit einem schwarzen Parteibuch ins Rennen schickt. Alles andere sei den eigenen Reihen kaum zu vermitteln. Doch ausgeschlossen werden könne eigentlich gar nichts, hieß es zugleich in den Reihen der Unionsschwestern.

Geht das denn noch länger so weiter?

Wohl nicht. In der SPD wird es für möglich gehalten, dass CDU und CSU sich dafür entscheiden, eine Frau als eigene Kandidatin gegen Steinmeier ins Rennen zu schicken, sollte Gabriel auf Steinmeier beharren. Auch in der Union hieß es, spätestens Anfang kommender Woche solle eine Entscheidung gefallen sein. Wenn nicht mit der SPD, dann eben für einen eigenen Kandidaten von CDU und CSU.

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