Junge Liberale: Ihr Interesse für die FDP und die Politik

AZ: Frau Böcking, Herr Funke-Kaiser, was fasziniert junge Menschen an der Politik?
Maximilian Funke-Kaiser (24), bayerischer Landesvorsitzender der Jungen Liberalen: Ich bin 2013 in die FDP eingestiegen, direkt nach der Wahl. . .
. . . mit 19 Jahren, wenn ich richtig rechne . . .
. . . genau. Ich wollte nicht tatenlos dabei zusehen, wie der Liberalismus in Deutschland seine Stimme verliert.
Warum ausgerechnet die FDP und nicht die DKP zum Beispiel? Familiäre Prägung?
Funke-Kaiser: Nein, ich habe wie viele junge Menschen den Wahl-O-Mat ausgefüllt. Ich war Erstwähler und habe festgestellt, dass ich mit der FDP auf einer Wellenlänge liege.
Sabrina Böcking (31), Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen bei der Landtagswahl: Bei mir war es ähnlich. Ich war 2005 Erstwählerin und habe meine Stimme der FDP gegeben. Damals hat es gefruchtet. Wir hatten gerade Rot-Grün hinter uns. Schröder fand ich ganz cool, aber beim Wahl-O-Mat hatte ich mehr Übereinstimmungen mit der CDU - und noch mehr mit der FDP. Als ich mein Studium in Passau begonnen habe, bin ich mal zur Liberalen Hochschulgruppe gegangen. Da trifft man Leute, die die haben ähnliche Meinungen. Später hat sich das dann hochgeschaukelt, erst zu den Jungen Liberalen, dann zur FDP.
Funke-Kaiser: Gerade in Bayern sind die Jungen Liberalen wichtig, was den Einfluss auf die Mutterpartei betrifft, das kann man schon so sagen. Wichtig auch für den intergenerationellen Austausch, den wir in der gesamten Gesellschaft viel, viel stärker haben müssten. Das führt zu innerparteilichen Kontroversen.
Das Ungestüme ist das Privileg der Jugend. Wie aufwendig ist es, Politik zu machen? Wie muss man sich das vorstellen?
Böcking: Politik ist mein wichtigstes Hobby, das wahnsinnig viel Zeit beansprucht. Aber es wäre auch nicht anders, wenn ich im Sportverein wäre und dreimal die Woche trainieren müsste. In meinem Job arbeite ich 45 Stunden die Woche. Es ist hart, wenn man um 18.30 Uhr aus dem Büro geht und danach von 19 bis 22 oder 23 Uhr noch eine Sitzung hat. Aber ich mache das seit zwölf Jahren und muss sagen, dass man die Energie schon immer findet, zumal es zwar Hochphasen der Beanspruchung gibt, aber auch Zeiten, in denen mal weniger los ist.
Funke-Kaiser: Es gibt eben auch passive Mitglieder, die die Partei vor allem mit ihren Beiträgen unterstützen wollen. Und dann gibt es die Aktiven, von denen welche mehr für die programmatische Arbeit hinter den Kulissen zuständig sind, und welche, die die Programme verkaufen, ähnlich wie Vertriebler im Unternehmen.
Zu denen Sie beide gehören. Verraten Sie mal, wie viel Zeit kostet Sie das Hobby Politik?
Funke-Kaiser: Hängt von der Saison ab. Wir haben Monate, da kommen viele Sachen zusammen, Kongresse Parteitage.
"Also ohne Politik wäre mir sehr oft sehr langweilig"
Böcking: April, Mai ist es schon so, dass man drei Wochenenden hintereinander unterwegs ist, das geht von Freitagsabend bis Sonntagnachmittag, dazu noch unter der Woche eine Sitzung und einen Stammtisch. Es gibt aber auch Wochen, in den Sommerferien zum Beispiel, da ist nichts.
Denkt man sich nicht manchmal, ich könnte jetzt mit meinem Liebsten oder meiner Liebsten auch ins Kino gehen, wie das andere junge Menschen gerne tun?
Böcking: Natürlich. Wenn man in einer Sitzung stundenlang debattiert und es geht nicht voran, klar, da denkt man sich schon mal, warum machst du das jetzt. Aber solche Situationen sind zum Glück eher selten. Also ohne Politik wäre mir sehr oft sehr langweilig.
Was macht den Spaß an der politischen Arbeit aus, was macht Politik sexy?
Funke-Kaiser: Das Überzeugen anderer Menschen von den eigenen Standpunkten. Wenn mir etwas nicht passt, ändere ich etwas daran. Das ist der erste Anreiz. Der zweite, das darf man nicht vergessen: Bei den Jungen Liberalen sind wir ein großer Freundeskreis. Da gibt es viele Übereinstimmungen im Gedankengut: freiheitsliebend, weltoffen, progressiv.
Wie sieht es mit Ihren Zukunftsperspektiven in der Politik aus? Wo wollen Sie hin? Christian Lindner beerben?
Funke-Kaiser: Absoluten Respekt vor Christian Lindner, aber das kann man nicht planen. Als ich vor vier Jahren mit der Politik angefangen habe, hätte ich auch nicht gedacht, dass ich heute Landesvorsitzender der Jungen Liberalen bin. Ich könnte mir eine politische Karriere gut vorstellen, aber es muss auch nicht sein. Ich habe meine eigene Firma gegründet (Immobilienverwaltung, d. Red.), ich habe auch so genug Arbeit. Aber spüre halt diese Leidenschaft, dieses Brennen für die Politik.
FDP-Mitglied Böcking: "Eigentlich möchte ich auch in den Landtag"
Böcking: Es ist so, dass sich die politischen Ziele auch verändern. Man fängt ja nicht an und will dann gleich Bundesvorsitzender werden. Ich habe mich irgendwann in den Landesvorstand wählen lassen, dann ins Präsidium. Eigentlich möchte ich auch in den Landtag, das versuche ich jetzt im Wahlkreis München-Hadern. Es wäre schön, wenn es klappt, wenn nicht, geht die Welt auch nicht unter. Ich bin noch jung, ich kann das noch drei-, vier-, fünfmal versuchen.
Wie sehr stört es Sie, dass die FDP in Bayern nicht zwangsläufig über der Fünf-Prozent-Hürde landet - und erst recht nicht zwangsläufig an die Regierung gelangt?
Böcking: Was man bedenken muss: In größeren Parteien sind viel mehr Leute. Bis man da noch oben kommt, das ist viel schwieriger. Wir sind weniger, da ist es leichter.
Viele junge Menschen denken auch, dass Politiker die da oben sind und dass man sowieso nichts bewirken kann. Wie macht man Politik für diese Jugendlichen attraktiv, wie kann sie mobilisieren?
Funke-Kaiser: Da habe ich ein anderes Gefühl. Ich glaube, dass viele junge Menschen großes Interesse daran haben, in die politische Debatte einzutreten. Das zeigt auch der Zulauf bei den Jugendorganisationen.