Jung bedauert Tod von Zivilisten

Der Verteidigungsminister ist überraschend nach Afghanistan gereist. Er zeigte sich betroffen über einen Zwischenfall mit der Bundeswehr, bei dem Zivilisten ums Leben gekommen waren.
Unter großen Sicherheitsvorkehrungen hat Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) am Dienstag das Bundeswehr-Feldlager im nordafghanischen Kundus besucht. Er würdigte die Leistungen der deutschen Soldaten und bezeichnete die Lage in der Region als «sehr angespannt».
Ferner bedauerte er den Tod von drei Zivilisten bei einem Einsatz der Bundeswehr am vergangenen Donnerstag. Er versicherte dem paschtunischen Stammesführer Hadschi Amanullah Otmansai, die Bundeswehr werde alles daran setzen, zivile Opfer zu vermeiden. Jung war am Nachmittag für einige Stunden in dem Camp der rund 600 deutschen Soldaten der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF. Aus Sicherheitsgründen war seine Reise geheim gehalten worden. Die Lage in der Provinz hat sich nach deutschen und afghanischen Angaben extrem verschlechtert. Bei einem Lagevortrag wurde Jung darüber informiert, dass die Gefahren vor allem durch Selbstmordattentäter, Sprengfallen, Raketenangriffe und Hinterhalte gestiegen seien.
Probleme bei der Polizeiausbildung
Der Verteidigungsminister sagte, er hoffe dass das Ziel, ein sicheres Umfeld zu schaffen «alsbald erreicht wird». Erneut ließ er Probleme bei der Polizeiausbildung durchblicken. Hier seien «zusätzliche Unterstützung und Koordinierung» wünschenswert. Zu dem gefährlichen Bundeswehreinsatz sagte er, er sei «auch ein Stück stolz auf die Weise, wie die Soldaten ihren Beitrag leisten». Am vergangenen Mittwoch war ein 29 Jahre alter Hauptfeldwebel bei einem Anschlag auf seine Patrouille getötet worden. Die Angst vor neuen Anschlägen auf die Bundeswehr löst unter den Soldaten zunehmend Nervosität aus. Einige von ihnen berichteten, die Stimmung im Feldlager sei «angespannt». Der Hinweis auf eine Sprengfalle in der Nähe des Feldlagers war am Dienstag möglicherweise Fehlalarm.
Selbstmordanschlag auf die Bundeswehr
Unterdessen wurde deutlich, dass es sich bei dem Anschlag vom Montag nördlich von Kundus-Stadt doch um einen Selbstmordanschlag auf die Bundeswehr handelte. Ein Attentäter sprengte sich zwischen zwei Bundeswehr-Fahrzeugen in die Luft. Das Verteidigungsministerium in Berlin hatte zunächst mitgeteilt, ein Konvoi sei mit Handfeuerwaffen beschossen worden. Bei dem Zwischenfall an einer Straßensperre der Bundeswehr am vergangenen Donnerstag waren versehentlich eine Frau und zwei Kinder erschossen worden, als ihr Wagen trotz der Aufforderung zum Halten auf den Checkpoint zugefahren war. Jung sagte nach einem Gespräch mit Otmansai sowie dem Gouverneur der Provinz Kundus, Engineer Mohammad Omar: «Ich habe unsere Betroffenheit und unser Mitgefühl zum Ausdruck gebracht.»
Gespräche mit den Angehörigen
Der Stammesführer hatte Gespräche zwischen den Angehörigen der Getöteten und der Bundeswehr vermittelt. «Der Fehler lag nicht bei den Deutschen», sagte Gouverneur Omar. Es habe sich um einen Unfall gehandelt. «So etwas geschieht in einem Krieg.» Ferner berichtete er, das Terrornetzwerk El Kaida und dessen Anhänger würden immer aktiver in der Region. «Die Lage ist angespannt, aber wir versuchen, der Lage Herr zu werden.» Die deutsche Hilfe sei «die Garantie für Stabilität in Afghanistan». Unterdessen wurde der Kommandeur des deutschen Wiederaufbauteams in Kundus nach Ministeriumsangaben wegen «eines gestörten Vertrauensverhältnisses» am Dienstag von seinem Amt entbunden. Dies habe aber nichts mit den jüngsten Vorfällen zu tun, hieß es. Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Hans-Christian Ströbele bezeichnete die Lage in Afghanistan in der Phoenix-Sendung «Unter den Linden» als katastrophal. «Das ist ein veritabler Krieg, bei dem jeden Tag Menschen sterben.» Der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), widersprach: «Es sind Scharmützel, es ist kein Krieg.» (dpa)