Journalisten beklagen Einschüchterung in China

Die deutschen Korrespondenten in China haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gebeten, sich bei ihrem Besuch diese Woche in Peking für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen.
dpa |
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Die deutschen Korrespondenten in China haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gebeten, sich bei ihrem Besuch diese Woche in Peking für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel beklagen die Journalisten andauernde Einschüchterung und Willkür.

Berlin - "Polizei und Staatssicherheit behindern unverändert unsere Arbeit und drohen unverhohlen damit, unsere Visa nicht zu verlängern, wenn wir über "sensible" Themen berichten", heißt es in dem am Sonntag veröffentlichten Schreiben. So habe im Mai die amerikanische Journalisten Melissa Chan das Land verlassen müssen.

Anlass für den Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel sind auch eine Reihe von Angriffen auf ausländische Journalisten in jüngster Zeit. Die Auslandskorrespondentenclubs in Peking, Shanghai und Hongkong zeigten sich in einer Erklärung alarmiert über die Zwischenfälle, bei denen Journalisten bedroht, belästigt und selbst geschlagen wurden: "Wir rufen alle Behörden auf, sicherzustellen, dass Journalisten vor Gewalt und Einschüchterung geschützt werden." Vor zwei Wochen war auch ein ARD-Fernsehteam von aufgewiegelten Arbeitern attackiert, der Spionage bezichtigt und neun Stunden lang festgehalten worden.

Die Kanzlerin kommt am Donnerstag erstmals gemeinsam mit einem großen Teil ihres Kabinetts zu zweitägigen Gesprächen nach China. Bereits bei den Regierungskonsultationen im Juni 2011 in Berlin hatte sich Merkel für die deutschen Berichterstatter eingesetzt, doch hat sich die Lage seither nicht verbessert, wie es in deren Brief heißt. Die neuen Restriktionen hatten nach dem Ausbruch der Arabischen Frühlings Anfang 2011 begonnen, weil die Führer in Peking befürchten, dass der Ruf nach Demokratie und Freiheit auch in China laut werden könnte.

Die Korrespondenten beklagen auch, dass Quellen bedroht und weggesperrt würden. Die Staatssicherheit fordere ihre chinesischen Mitarbeiter auf, sie auszuspionieren oder sich nicht mit kritischen Themen zu beschäftigen. "Bei Recherchen vor Ort werden sie besonders bedroht - in Einzelfällen kommt es sogar zu Gewalttätigkeiten."

Viele Regionen seien für Journalisten gesperrt. Dazu zählen nicht nur Tibet, sondern auch andere von Tibetern besiedelte Gebiete und Teile der Region Xinjiang, wo die Minderheit der Uiguren lebt. Von dort könne oft nur "unter erheblichem Risiko" für Mitarbeiter und Quellen berichtet werden.

In einer Umfrage des Auslandskorrespondentenclubs in China (FCCC) erklärten 98 Prozent der Befragten, dass internationale Standards für die Berichterstattung in China nicht gewahrt seien. Ein Viertel klagte über Probleme und Verzögerungen bei der Visumvergabe. Chinas Außenministerium habe einen Kollegen von Spiegel-Online fast ein Jahr lang hingehalten und ihm damit de facto die Akkreditierung verweigert. Chinesische Diplomaten forderten Heimatredaktionen auch auf, für weniger kritische Berichterstattung zu sorgen.

Die vor Olympia 2008 in Peking eingeführten Regeln, wonach nur die Zustimmung des Interviewten notwendig ist, werden seit Anfang 2011 restriktiv interpretiert: In heiklen Fällen werde Berichterstattung plötzlich nur erlaubt, wenn Genehmigungen von Behörden vorlägen, obwohl das Außenministerium beteuere, dass sich nichts geändert habe, heißt es in dem Brief. "Die Verunsicherung dient aus unserer Sicht der Einschüchterung."

Langjährige Korrespondenten sähen eine Verschlechterung der Lage selbst im Vergleich zu den 1990er Jahren. "Im Interesse einer guten und fairen Berichterstattung über China halten wir es für notwendig, diese Probleme auf höchster Ebene anzusprechen", schrieben die 26 deutschen Korrespondenten an Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Wir fordern lediglich Arbeitsbedingungen, wie sie für chinesische Journalisten in Deutschland selbstverständlich sind."

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