John McCain und Barack Obama: So wollen sie regieren
WASHINGTON - Es ist nicht nur der schillerndste und teuerste US-Wahlkampf aller Zeiten, sondern auch der längste. Sogar heute, am Wahltag, werben John McCain und Barack Obama noch um Wählerstimmen. Doch was kann die Welt von den völlig verschiedenen Männern erwarten? Die AZ zeigt, was Obama und McCain im Weißen Haus vorhaben
John McCain: Mehr Markt und mehr Härte
John McCain (72) liebt die Rolle des Underdogs. Der Kampfpilot aus dem Vietnam-Krieg, der über fünf Jahre im Folter-Knast saß, will seinem Kontrahenten Obama im letzten Moment den Sieg wegschnappen. Für McCain sind die Wahlen der letzte Versuch, seinen Traum-Job im Weißen Haus zu bekommen. Obwohl ihm im Wahlkampf das Geld ausging und er sich mit seiner Vize-Kandidatin Sarah Palin blamierte, hat er immer noch Chancen. Der Grund: Es gibt viele Amerikaner, die keinen Schwarzen im Weißen Haus sehen möchten. Doch was kann die Welt von einem US-Präsidenten McCain erwarten?
Wirtschaft: Bei der Lösung der Finanzkrise setzt er – wie viele Republikaner – auf die Selbstheilungskräfte der Märkte. Er ist gegen staatliche Rettungspakete, will höchstens Steuererleichterungen für Unternehmen gewähren. Die hohen Manager-Gehälter will er hingegen begrenzen.
Gesundheit: Auch hier setzt er auf die Verantwortung jedes einzelnen Bürgers. Eine verpflichtende Krankenversicherung will er nicht, nur mehr Wettbewerb im Gesundheitssektor, der die Kosten senkt und die Krankenversicherung für Ärmere erschwinglich macht.
Energie und Klimaschutz: McCain kämpft dafür, die Küstengewässer der USA für die Suche nach Ölquellen freizugeben. Auch fordert er den Bau von neuen Atomkraftwerken. Das Thema Klimawandel wird er als erster republikanischer Präsident ernst nehmen.
Terror-Krieg: Über Osama bin Laden sagt er: „Ich werde ihn kriegen, egal wie. Und ich weiß auch, wie man das macht.“ In Afghanistan will McCain die Truppenstärke erhöhen.
Irak: Ein Zeitplan für einen Truppenabzug der Amerikaner ist mit ihm nicht zu machen. Er will die Truppen so lange dort lassen, bis die Lage unter Kontrolle ist.
Iran: Einen Krieg schließt der Republikaner nicht aus.
Naher Osten: McCain ist ein Freund Israels und fordert von den Palästinensern, die radikalislamische Hamas stärker zu isolieren.
Europa: Im Gegensatz zu George Bush will McCain mehr Rücksicht auf die Partner in Europa nehmen.
Waffenrecht: Der Senator aus Arizona fährt eine ganz liberale Linie. Jeder Amerikaner habe ein Grundrecht darauf, Waffen zu besitzen und zu tragen, sagt er. Waffenmissbrauch will er schärfer verfolgen.
Todesstrafe: Er ist für die Todesstrafe.
Barack Obama: Mehr Staat und mehr Diplomatie
Bis zum Ende seines Wahlkampfs bombardiert Barack Obama (47) die Amerikaner mit seiner „Change“-Kampagne. Er lässt seine Helfer in wichtigen Staaten von Haus zu Haus ziehen. Sein Horror-Szenario: Amerika wacht aus dem Obama-Traum auf und misstraut dem politischen Nobody, der das Land seit zwei Jahren verzaubert. Er wäre der erste schwarze Präsident der USA. Doch welches Regierungsprogramm hat Obama? Die politischen Inhalte gehen in seinem „Wechsel“-Wahlkampf oft unter.
Wirtschaft: Obama will mehr Staat: 60 Milliarden Dollar schwer soll sein Rettungspaket schwer sein, das Jobs in der Industrie schaffen soll. Die Finanzmärkte will er stärker regulieren.
Gesundheit: Bis 2012 soll jeder Amerikaner eine Krankenversicherung haben. Sein Versicherungs-System würde ähnlich funktionieren wie das deutsche: Sowohl die Versicherten als auch die Arbeitgeber zahlen ein.
Energie und Klimaschutz: Der Senator aus Illinois ist auf dem Öko-Trip: In den nächsten zehn Jahren will er 150 Milliarden Dollar in erneuerbare Energien investieren. Bis 2025 soll der Strom-Anteil, der aus Öko-Energie kommt, bei 25 Prozent liegen. Den Klimawandel nimmt er ernst: So fordert er Steuererleichterungen für den Kauf von verbrauchsarmen Autos.
Terror-Krieg: Seine These: In Afghanistan und Pakistan entscheidet sich, ob Terroristen weitere Anschläge auf die westliche Welt planen. Deshalb will er mehr Truppen nach Afghanistan schicken.
Irak: Obama war von Anfang an gegen den Krieg. Deshalb will er die US-Soldaten innerhalb von 16 Monaten aus dem Irak abziehen.
Iran: Im Gegensatz zu McCain setzt er auf Diplomatie: Er würde sich sogar mit Irans Präsident Mahmut Mahmud Ahmadinedschad treffen, um den Atomstreit zu beenden.
Naher Osten: Er will ein Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern.
Europa: Um internationale Krisen zu bewältigen, will er stärker mit Europa zusammenarbeiten. Das heißt aber auch: Obama wird bald mehr europäische Soldaten auf den Krisenherden der Welt einfordern.
Waffenrecht: Obama würde einem kompletten Verbot von Handfeuerwaffen zustimmen.
Todesstrafe: Der schwarze Senator befürwortet die Todesstrafe.
Volker ter Haseborg