Job-Angst unterm Christbaum

HypoRealEstate, BMW, Qimonda und Infineon: Firmen aus München streichen Tausende Stellen. Die AZ beschreibt, welche Firmen betroffen sind - und wie sich die Opfer der Finanzkrise fühlen.
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Die Qimonda-Mitarbeiter befürchten das Schlimmste: die Pleite ihrer Firma.
dpa Die Qimonda-Mitarbeiter befürchten das Schlimmste: die Pleite ihrer Firma.

MÜNCHEN - HypoRealEstate, BMW, Qimonda und Infineon: Firmen aus München streichen Tausende Stellen. Die AZ beschreibt, welche Firmen betroffen sind - und wie sich die Opfer der Finanzkrise fühlen.

Die Finanzkrise ist in München angekommen: Pünktlich zum Fest bangen Tausende um ihre Jobs. Ihre Arbeitgeber mussten in den vergangenen Tagen einen massiven Stellenabbau bekanntgeben. Die AZ beschreibt, welche Branchen und Unternehmen betroffen sind – und wie die Stimmung bei den Opfern ist.

Der Banken-Sektor

Die Immobilienbank HypoRealEstate (HRE) hatte durch die Finanzkrise Milliarden verloren. Am Wochenende kam heraus, dass die HRE jetzt mit einem Job-Kahlschlag aus der Krise kommen will: Von den rund 1800 Mitarbeitern soll in den nächsten drei Jahren fast jeder zweite gehen.

Auch die BayernLB streicht Stellen. Vorstandschef Kemmer will 5600 von 19200 Beschäftigten loswerden. Seit der große Jobkahlschlag verkündet wurde, geht auf den Fluren die Angst um. „Wen trifft es?“, fragen sich die Beschäftigten. Bei vielen zehrt das an den Nerven. „Unser Abteilungsleiter hatte einen Zusammenbruch“, berichtet ein Banker. „Jetzt wissen wir überhaupt nichts mehr. Es herrscht die totale Unsicherheit und Angst.“

Die Auto-Branche

Hier ist die Krise schon längst spürbar. Bei vielen Herstellern stehen die Bänder still – etwa bei BMW in München. Ein Job-Streichprogramm läuft dort schon: 8100 Stellen fallen weg, davon 3000 Stammkräfte. Gestern schloss der Autobauer weitere Produktionskürzungen und Kostensenkungen nicht aus.

Auf betriebsbedingte Kündigungen dürften die großen Hersteller aber vorerst verzichten, glaubt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Deutlich düsterer jedoch sieht er die Lage bei den Zulieferern und Händlern. „Dort müssen wir mit weiteren Pleiten rechnen“, glaubt er. Für die Zulieferbranche sagt der Experte im schlimmsten Fall 100000 Jobs weniger voraus – „Stammkräfte, denn die Zeitarbeiter sind ja schon weg“.

Ähnlich schlimm könnte es bei den Händlern werden. Jeder vierte Betrieb sei bedroht, sagt Dudenhöffer. Gerade bei Händlern in der Stadt, die viel Geld in repräsentative Bauten gesteckt hätten, sei „die Kapitaldecke oft zu dünn, um Umsatzeinbrüche von 20 Prozent zu überleben“.

Die Technik-Industrie

Dem Speicherchip-Hersteller Qimonda droht die Pleite. Seit mehr als einem Jahr liegen die Preise für Speicherchips am Boden, es gibt viel mehr Angebot auf dem Markt als Nachfrage. 13000 Beschäftigte befürchten, dass sie bald arbeitslos werden. 4300 Mitarbeiter mussten in diesem Jahr schon gehen. „Die Situation ist zwischen Bangen und Hoffen. Einerseits wissen die Mitarbeiter, dass sie wenige Wochen vor einer möglichen Pleite stehen. Andererseits hoffen sie noch“, sagt Matthias Jena, Sprecher von der IG Metall Bayern. Gestern keimte diese Hoffnung wieder auf: Das Land Sachsen, der Qimonda-Mutterkonzern Infineon und der Staat Portugal wollen das Unternehmen mit 325 Millionen Euro retten. „Ob das wirklich schon die Beruhigung ist, weiß ich nicht“, sagt Jena.

Beim Mutterkonzern von Qimonda, Infineon, sieht die Lage nicht besser aus: Mit mehr als drei Milliarden Euro rutschte das Unternehmen im letzten Geschäftsjahr in die Miesen. Hauptgrund: die Autoflaute. 2000 Stellen weltweit – das sind zehn Prozent – sollen gestrichen werden, davon 650 in München. „Die Lage in der Belegschaft ist auch deshalb angespannt, weil Infineon aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten ist“, sagt IG-Metall-Sprecher Jena. Die Beschäftigten verlören nicht nur Geld, sondern auch viele Rechte, die ihnen durch den Tarifvertrag sicher waren.

Volker ter Haseborg, Andreas Jalsovec

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