Jerusalem: Papst Benedikt an der Klagemauer

JERUSALEM - Papst Benedikt XVI. hat am zweiten Tag seines Israel-Aufenthalts den Felsendom und die Klagemauer besucht. Vor der heiligsten Stätte des Islams in Jerusalem streifte er vor dem Betreten der Moschee seine roten Schuhe ab - ein Zeichen des Respekts.
In einem an der Klagemauer hinterlassenen schriftlichen Gebet bat er „den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ um Frieden für das Heilige Land, den Nahen Osten und die gesamte Menschheit. Später wollte der Papst ins Westjordanland nach Bethlehem weiterreisen und dort neben der Geburtskirche auch ein palästinensisches Flüchtlingslager besuchen.
Bei einem Treffen mit dem ranghöchsten islamischen Geistlichen in Jerusalem, Mohammed Hussein, forderte Benedikt Israel und die Palästinenser zu ernsthaften Gesprächen auf. Beide Seiten sollten sich um „eine Welt der Gerechtigkeit und des Friedens“ bemühen, erklärte das Oberhaupt der katholischen Kirche. Palästinensische Aktivisten schickten während Benedikts Besuch Luftballons in den Farben der palästinensischen Fahne – rot, grün und schwarz – in den Himmel, außerdem gelbe und weiße Ballons für Farben des Vatikans.
Am Donnerstag besucht der Papst Nazareth, die biblische Heimatstadt Jesus Christus, bevor er am Freitag nach Rom zurückkehrt. Nach Angaben der israelischen Sicherheitskräfte wird Benedikt von 80.000 Beamten und Soldaten geschützt.
Positiv, aber halbherzig
Unterdessen hat sein Auftritt in in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem tags zuvor geteilte Reaktionen hervorgerufen. Die Präsidentin des Zentralrats, Charlotte Knobloch, sagte, der Papst habe mit seinem Aufruf zum Kampf gegen Antisemitismus zwar „ein positives Signal in Richtung Judentum ausgesandt“. Die Geste erscheine jedoch halbherzig „angesichts der noch ausstehenden klaren Distanzierung des Vatikans von der antisemitischen Piusbruderschaft, die jüdische Menschen als Gottesmörder bezeichnet“.
Knobloch sagte, sie habe sich in Jad Vaschem „deutliche Worte vom Papst im Fall Williamson erwartet, der den Holocaust in Frage gestellt hat“. Weitere offene Themen „wie die Karfreitagsfürbitte, die zur Judenmissionierung auffordert“, seien „bislang ausgespart“, fügte die Präsidentin des Zentralrats hinzu. „Es bleibt zu hoffen, dass diese Themen baldmöglichst klargestellt werden.“
Positiv äußerte sich dagegen der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Zollitsch, gegenüber dem Blatt: „Die Kirche in Deutschland ist dem Papst für seine klaren Worte – auch gegen jede Form des Antisemitismus – sehr dankbar“, sagte er. „Benedikt XVI. hat deutlich gemacht: Jede Generation hat die Verpflichtung, an das Geschehene zu erinnern und alles dafür zu tun, dass sich der Holocaust nie wiederhole.“
Der Münchener Erzbischof Reinhard Marx sagte, Benedikts Besuch in Israel unterstreiche, „wie wichtig für die Kirche ein besonderes Verhältnis zum jüdischen Volk ist. Die Juden sind unsere älteren Brüder, zu denen wir eine unvergleichbare Beziehung haben.“