Jemen: Tausende feiern Ausreise des Präsidenten

Der bei einem Anschlag schwer verletzte jemenitische Präsident Ali Abdullah Salih hat sein von blutigen Protesten erschüttertes Land in Richtung Saudi-Arabien verlassen.
von  dpa

Der bei einem Anschlag schwer verletzte jemenitische Präsident Ali Abdullah Salih hat sein von blutigen Protesten erschüttertes Land verlassen. Nach Angaben des saudischen Königshofs reiste der 69 Jahre alte Machthaber zur medizinischen Behandlung in das Nachbarland Saudi-Arabien.

Riad/Sanaa -  Sein Stellvertreter Abed Rabbo Mansur Hadi übernahm vorübergehend die Amtsgeschäfte. Er traf sich gleich mit dem US-Botschafter. Das arabische Land gilt als Rückzugs- und Rekrutierungsland für das Terrornetzwerk Al-Kaida.

Auf den Straßen feierten zehntausende Oppositionelle die Ausreise des verhassten Präsidenten. Sie riefen in der Hauptstadt Sanaa: "Das Volk hat das Regime gestürzt." Regierungsvertreter betonten jedoch, Salih wolle bereits in wenigen Tagen in den Jemen zurückkehren.

Wie der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira in der Nacht zum Sonntag unter Berufung auf eine Erklärung des Königshofs mitteilte, wurde Salih von ebenfalls verletzten Offiziellen und Politikern begleitet. Auch einige Verwandte sollen mitgeflogen sein. Salih sei gegen Mitternacht angekommen, berichteten saudische Medien. Nach der Ankunft sei Salih in ein Militärkrankenhaus in Riad gebracht worden, hieß es.

Nach der Explosion einer Granate stecke in der Herzgegend des 69-Jährigen Salih ein 7,6 Zentimeter langer Munitionssplitter, berichtete der britische Rundfunksender BBC am Samstagabend unter Berufung auf Regierungskreise. Zudem soll er größere Brandverletzungen im Brustbereich und Gesicht davongetragen haben.

Nach dem Anschlag auf die Moschee neben dem Präsidentenpalast am Freitag, dem insgesamt elf Menschen zum Opfer gefallen sein sollen, hatte es zunächst geheißen, Salih gehe es gut. Er sei lediglich von einem Granatsplitter am Kopf gestreift worden.

Der Präsident hatte sich nach der Attacke mit einer Audiobotschaft an sein Volk gewandt. Er sei wohlauf und es gehe ihm gut, sagte Salih. Allerdings war deutlich zu hören, dass er schleppend sprach und schwer atmete. Zu dem Anschlag hat sich bislang niemand bekannt. Salihs Getreue hatten erst den Al-Ahmar-Clan, der sich mit der Protestbewegung solidarisiert hat, beschuldigt. Später hieß es, Al-Kaida-Terroristen hätten den Anschlag verübt.

Die Opposition fordert seit Monaten mit Massendemonstrationen den Rücktritt des seit 1978 herrschenden Präsidenten. In mehreren Städten im Jemen feierten am Sonntag Regimegegner die Ausreise von Salih. Die Demonstranten sangen auf den Straßen, berichtete die Aktivistin Shatha al-Harazi der Nachrichtenagentur dpa. "Die Menschen sehen diesen Schritt als einen Sieg", sagte sie.

In der Stadt Tais kam es am Sonntag laut Berichten lokaler Medien erneut zu blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Angehörigen der Sicherheitskräfte. Bei den Protesten, die vor vier Monaten begonnen hatten, wurden bereits hunderte Menschen getötet. Oppositionelle erklärten, Salih dürfe nicht in den Jemen zurückkehren.

Wenige Stunden nach der Ausreise von Salih traf sich sein Stellvertreter am Sonntag mit dem US-Botschafter Gerald Feierstein. Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur Saba. Vizepräsident Abed Rabbo Mansur Hadi hatte die Amtsgeschäfte nach Salihs Ausreise übernommen. Die USA messen dem Jemen große Bedeutung bei, weil das arabische Land ein Rückzugs- und Rekrutierungsland für das Terrornetzwerk Al-Kaida ist.

Angesichts der ausufernden Gewalt in dem Stammeskrieg hat das saudische Königshaus nach Angaben des arabischen Fernsehsenders Al-Arabija eine einwöchige Waffenruhe vermittelt.

Zuvor hatten weitere Staaten ihre Diplomaten aus der umkämpften Hauptstadt Sanaa abgezogen. Auch Deutschland schloss vorübergehend seine Botschaft. Außenminister Guido Westerwelle forderte am Samstag die rund 30 noch im Jemen verbliebenen Deutschen auf, sich in Sicherheit zu bringen. Die Bundesregierung folgte damit anderen Staaten wie Italien und Kuwait. Auch Großbritannien appellierte an seine Bürger, den Jemen umgehend zu verlassen.

Die EU-Außenbeauftragte Cathrine Ashton verlangte einen sofortigen Waffenstillstand. Regierungstruppen und Stammesmilizen sollten sich zurückhalten und die "Eskalation der Gewalt" beenden, sagte Ashton in Brüssel. Die USA verurteilten die "sinnlose Gewalt" in dem vom Terror heimgesuchten Armenhaus der arabischen Halbinsel.

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