Jassir Arafat - Wurde er vergiftet?
Die sterblichen Überreste des palästinensischen Volkshelden sind acht Jahre nach seinem Tod exhumiert worden – auf der Suche nach Gift.
Ramallah - Acht Jahre nach seinem Tod wurde der Leichnam des früheren palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat exhumiert: Im Sommer waren Spuren eines radioaktiven Giftes an seiner Kleidung entdeckt worden – jetzt soll also geklärt werden, ob Arafat an einer Vergiftung starb. Das Schicksal des Volkshelden der Palästinenser wird noch ein letztes Mal aufgerollt.
Seit Tagen waren die Straßen rund um das Mausoleum in Ramallah gesperrt. Hinter der Absperrung hatten sich Arbeiter mit leisen Geräten durch den Beton gegraben. Auf dem Gelände des früheren Regierungssitzes Mukata im Westjordanland liegt Arafats Leichnam begraben. Um Mitternacht Ortszeit begann die Exhumierung des ersten palästinensischen Präsidenten. Experten aus der Schweiz, Frankreich und Russland kletterten in die vier Meter tiefe Grube mit der Grabkammer. Dort wurden Knochen- und Organproben Arafats entnommen. „Kein Ausländer hat die sterblichen Überreste berührt“, stellte Tawfik Tirawi, Chef der Aufklärungskommission, später ausdrücklich klar. Und: „Sein Geruch war angenehm“, berichtete Tirawi nach dem Besuch des Grabes.
Arafats Witwe Suha durfte an der Aktion nicht teilnehmen. Gründe wurden nicht genannt. Zehn Stunden dauerte die Exhumierung, danach wurden die Überreste feierlich wieder beigesetzt.
Angestoßen hatte die spektakuläre Aktion eine Dokumentation des Senders Al-Dschasira im Sommer. Titel: „Was hat Arafat umgebracht?“ Dabei hatten Forscher des Instituts für Radiophysik der Universität Lausanne erhöhte Konzentrationsspuren des radioaktiven Gifts Polonium 210 an Arafats Kleidung und Zahnbürste gefunden. Arafat war am 11. November 2004 in einem französischen Militärkrankenhaus gestorben. Er hatte an einer Krankheit gelitten, die nicht diagnostiziert werden konnte.
Für viele Palästinenser steht ohnehin fest, dass Israel Arafats Tod verschuldet hat. Schon früher hatte es Giftanschläge des Mossad gegeben. Allerdings gibt es auch Gerüchte über innerpalästinensische Machtkämpfe. In Israel wiederum wird argumentiert, welches Interesse man hätte haben sollen, Arafat zu einem Zeitpunkt etwas anzutun, als er von der Welt abgeschnitten in Ramallah festsaß. Andererseits war er damals wie heute eine Symbolfigur: Er war es, der erstmals die Forderungen der Palästinenser vor der Uno vorgetragen hatte. Der unter der Vermittlung des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton 1993 ein Autonomieabkommen mit dem damaligen israelischen Premier Izchak Rabin unterzeichnet hatte. Der 1994 zusammen mit Rabin und dem israelischen Außenminister Shimon Peres den Friedensnobelpreis bekommen hatte. Mittlerweile hat er angesichts der aktuellen Probleme hin den Status eines verklärten Volksheiligen.
Experten halten eine vollständige Aufklärung für unwahrscheinlich, da Polonium 210 ein schnell zerfallendes Element sei. Arafat ist seit acht Jahren begraben. Dass sich radioaktive Spuren nachweisen lassen, ist unwahrscheinlich. Erste konkrete Ergebnisse werden erst in einigen Monaten erwartet.