Jamaika-Unterhändler streiten übers Klima - Auch über das eigene

Berlin - Die Gespräche über ein Jamaika-Bündnis stehen vor einer entscheidenden Weichenstellung bei Migration und Klimaschutz. Beim Thema Zuwanderung verschärfte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Donnerstag vor Beginn der Sondierung den Ton. "Heute ist ein Härtefall für Jamaika", sagte er und ergänzte: "Ohne eine Begrenzung der Zuwanderung wird Jamaika eine Insel in der Karibik bleiben, aber auf keinen Fall eine Koalition in Berlin werden." Auch beim Grünen-Herzthema Klimaschutz gibt es große Unterschiede. Die Knackpunkte liegen beim Ausstieg aus der Kohlekraft, Zukunft des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und Zukunft von Verbrennungsmotoren.
Die Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP - Bundeskanzlerin Angela Merkel, Horst Seehofer und Christian Lindner - trafen sich vor dem Start der Sondierungen zunächst ohne die Grünen zu etwa einstündigen Vorberatungen.
Die Unterhändler starteten in gereizter Stimmung in den Tag. Die Runde um die Partei- und Fraktionsspitzen bemühte sich zunächst hinter verschlossenen Türen, die Lage zu entspannen. Anschließend wurde über ein gemeinsames Papier zum Themenkomplex "Europa" gerungen. Nach dpa-Informationen hatten sich Merkel und CSU-Vertreter unzufrieden mit einer ersten Vorlage gezeigt. Hier sollte es noch Veränderungen geben.
Ddobrindt gibt sich zurückhaltend
FDP-Chef Christian Lindner hatte sich vor dem Treffen beschwert, dass von den Grünen am Dienstag erzielte Verabredungen im Bereich Finanzen am Mittwoch wieder in Frage stellt worden waren. "Allen muss klar sein, dass wir anders miteinander sprechen müssen, damit so ein Tag danach sich nicht wiederholt", sagte er der Süddeutschen Zeitung.
Im Gegenzug sagte Grünen-Chef Cem Özdemir vor dem Start der Gespräche, es gehe nicht, sich auf Arbeitsgrundlagen zu verständigen, die Einzelne dann "sehr mutwillig" interpretierten. Die Grünen wollten eine Regierung, die sich nicht nur inhaltlich, sondern bei den Umgangsformen von den vorherigen Koalitionen unterschieden. "Da legen wir sehr viel wert drauf und das werden wir jetzt sehr deutlich ansprechen."
Inhaltlich machte Dobrindt eine Begrenzung auf maximal 200.000 Zuwanderer zur Bedingung für Jamaika. "Ob wir heute schon bei den Fragen Klima, Bildung, Migration so weit kommen, dass wir die Flughöhe wie bei den Finanzen erreichen, dass es grundsätzliche Vereinbarungen gibt, wage ich nicht vorherzusagen." Die Union stehe zu den internationalen Klimazielen. Dobrindt deutete aber an, dass die nationalen Ziele fraglich sein könnten: "Man muss sich die Entwicklung in Deutschland nochmal sehr genau anschauen." Die scheidende Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte vor zwei Wochen deutlich gemacht, dass Deutschland ein Klimaziel für 2020 deutlich verfehlt, wenn nicht stark nachgesteuert wird.
FDP erwartet Konflikt mit den Grünen
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte, sie sei gespannt, wie die anderen Partner die Klimaschutzziele einhalten wollten. Dass es unmittelbar vor den Beratungen über die Migrationspolitik einen Abschiebeflug nach Afghanistan gegeben habe, nannte sie einen "gravierenden Vorgang".
FDP-Chef Lindner erwartet vor allem schwierige Gespräche über die Flüchtlingspolitik. Er rechne beim Thema Familiennachzug "absolut" mit einem Konflikt mit den Grünen, sagte er dem Magazin Der Spiegel. Zugleich kritisierte er: "Ich halte nichts vom plumpen Wort der Obergrenze von der CSU, weil es inhaltsleer ist." Die Aufnahmebereitschaft in Deutschland sei aber nicht unbeschränkt. Lindner bekräftigte die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz. "Wenn das System der Begrenzung und Kontrolle funktioniert, kann man beim Familiennachzug wieder offener werden." Dies konnte als Signal an die Grünen verstanden werden, denen das Thema Familiennachzug sehr wichtig ist.
Die große Koalition hatte den Familiennachzug bei Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus - subsidiär Geschützte - für zwei Jahre bis März 2018 ausgesetzt. Die Union will die Beschränkung nun über das Datum hinaus verlängern. Nach dem Willen der Grünen soll der Familiennachzug dagegen künftig wieder uneingeschränkt möglich sein.
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