Ja zur GroKo: Kommentar zur Abstimmung der SPD-Mitglieder
Die 460.000 Genossen haben also für eine neue Große Koalition gestimmt. Viele von ihnen dürften dabei mehr ihrem Kopf gefolgt sein und weniger ihrem Herzen. Aber das ist gut so. Denn die SPD-Basis hat sich mit diesem Votum für Berechenbarkeit und Verlässlichkeit entschieden, gegen Instabilität und Blockade. Ein Nein zum Koalitionsvertrag, es wäre keine Katastrophe gewesen, es hätte mitnichten eine Staatskrise ausgelöst, aber dennoch gravierende Folgen gehabt für die SPD, für Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel, für das Land. Die Alternative einer Minderheitsregierung mag manchen reizvoll erschienen sein, im Endeffekt und vor dem Hintergrund des bundesdeutschen Verfassungsrealismus aber wäre sie ein Experiment auf Zeit - mit eher früher als später folgenden Neuwahlen und der AfD als Nutznießerin. So aber lassen sich an diesem Tag gleich zwei Aphorismen von Franz Müntefering bemühen: "Zuerst das Land, dann die Partei", hat der frühere SPD-Vorsitzende einmal gesagt. Und ein anderes Mal: "Opposition ist Mist."
SPD muss ihre Regierungsarbeit besser verkaufen
Es ist keine Liebesheirat, welche Union und SPD nun eingehen werden. Aufbruch und Dynamik sind da nicht gleich zu erwarten. Es ist eine Vernunftehe. Weniger Pathos als Pragmatismus - das muss keine schlechte Voraussetzung sein für ein erfolgreiches Bündnis. Dabei hat sich die SPD ihre Zustimmung zum Koalitionsvertrag mit drei Schlüsselministerien recht teuer bezahlen lassen, darunter auch das Finanzressort. Sicher, die Bundeskanzlerin hat die Richtlinienkompetenz, viel zu oft auch in den beiden vergangenen Großen Koalitionen haben CDU und CSU es sich "auf dem Sonnendeck" gemütlich gemacht, während die SPD "im Maschinenraum" malochte (ein weiterer Münteferingscher Aphorismus). Aber auch der Juniorpartner SPD verfügt über genügend Möglichkeiten, um in diesem Bündnis zu gestalten, Themen zu besetzen, Entscheidungen zu forcieren - gerade auch in den ureigenen Bereichen Soziales, Wohnen, Pflege und Integration. Es wird weniger an den Inhalten liegen, sondern mehr an den Personen, die Erfolge der SPD öffentlich besser zu "verkaufen" als in der Vergangenheit. Die SPD, sie sollte öfter rauskommen aus dem Maschinenraum.
Alles gut also nach diesem Ja zur GroKo? Das zu glauben, wäre zu optimistisch. Die Wahlniederlagen des letzten Jahres, die Volten von Martin Schulz, die unwürdigen Streitereien um Posten und Ämter, schließlich die Debatte um die GroKo haben die Sozialdemokratie tief gespalten. Und auch in der Union gibt es Spannungen, wie das Beispiel der "Aufgabe" des mächtigen Finanzministeriums zeigt. Wie man dies überwinden kannt? Am besten mit einer möglichst raschen Aufnahme des Tagesgeschäfts, das die eigentlichen großen Herausforderungen an dieses Land und seine Politik stellt.
GroKo: Lieber auf Bewährung regieren als gar nicht
Nach zwei Jahren, also der Hälfte der Legislaturperiode, will die SPD ohnehin Bilanz ziehen über die Regierungsarbeit und ihre Rolle in dieser Koalition. Nicht auszuschließen, dass Schwarz-Rot dann doch noch krachend auseinanderbricht. Zumindest solange haben alle drei Parteien die Chance einer personellen und inhaltlichen Neu-Profilierung - mit dann vor allem für die SPD besseren Chancen als heute, sollte es 2020 zu Neuwahlen kommen.
Es wird also eine GroKo auf Bewährung. Doch es ist besser auf Bewährung zu regieren als nicht zu regieren.