Italien: Regierung verzweifelt gesucht

Sozialdemokrat Bersani ist in Italien mit der Regierungsbildung gescheitert. Jetzt versucht es Präsident Napolitano. Das Land ist blockiert.
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Mit der Regierungsbildung gescheitert: Luigi Bersani
Mit der Regierungsbildung gescheitert: Luigi Bersani

 

Sozialdemokrat Bersani ist in Italien mit der Regierungsbildung gescheitert. Jetzt versucht es Präsident Napolitano. Das Land ist blockiert.

Rom - Regierung verzweifelt gesucht: Nachdem Italiens Wahlsieger, Sozialdemokrat Pier Luigi Bersani, am Donnerstag mit seiner Regierungsbildung scheiterte, sucht Staatspräsident Giorgio Napolitano händeringend nach einem Ausweg. Die Aufgabe ist fast unlösbar. Denn Protestpolitiker Beppe Grillo will mit seiner Bewegung keine der etablierten Parteien unterstützen. Und rechts blockiert Silvio Berlusconi. Er schielt auf Neuwahlen und stellt kaum annehmbare Bedingungen. Ein für Italien gefährliches Patt.

Denn das Land braucht schnellstmöglich eine handlungsfähige Regierung. Italien wird bis Mitte des Jahres nicht aus seiner Rezession herauskommen, erwartet die Wirtschaftsorganisation OECD. Für das erste Quartal erwarten die Experten ein Minus von 0,4 Prozent, für das zweite minus 0,2 Prozent. Zudem ist die Großbank „Monte dei Paschi di Siena“ angeschlagen, braucht 3,9 Milliarden Euro Staatshilfen. Und bei der Armut liegt nach einer neuen EU-Statistik Italien noch hinter Polen und Portugal (AZ berichtete). Wer soll das alles richten?

Protest-Mann Beppe Grillo verweigert sich derzeit jeglicher Regierungsbildung. Mit 23,79 Prozent zog seine „Fünf Sterne“-Bewegung in den Senat ein. Genau dort fehlt Bersani eine Mehrheit, im Abgeordnetenhaus hat er sie. In seinem jüngsten Blog-Beitrag im Internet verhöhnte Grillo Italiens Politiker als „Armee stimmenloser Zinnsoldaten“. Eine Regierung brauche es ohnehin nicht, so Grillo. Bersanis Vorschläge finde er zwar gut, aber er wolle sie nicht unterstützen, weil Politiker ihre Vorhaben sowieso nicht umsetzten.

Bleibt für Bersani nur die Mitte-Rechts-Koalition von Silvio Berlusconi. Letzterer sähe sich am liebsten als Staatspräsident – oder seine engste Mitstreiterin Gianni Letta. Denn die Tage von Giorgio Napolitano sind gezählt, seine Amtszeit endet am 15. Mai. Der Kuhhandel, den Berlusconi vorschlug – Bersani zu unterstützen, um das Präsidentenamt zu bekommen – war für Bersani unannehmbar. Die Verhandlungen platzten.

Der Frust bei Bersani ist groß: „Wer im Parlament sitzt, muss sagen, was er für das Land machen will. Wenn sie entscheiden, nicht zuzustimmen, sollen sie das nicht Bersani sagen. Dann sollen sie es Italien sagen“, schimpfte er über die Blockade von Grillo und Berlusconi.

Gibt es überhaupt einen Ausweg? Staatspräsident Napolitano könnte wieder eine Technokraten-Regierung nach dem Vorbild Mario Monti zusammentrommeln. Der Noch-Regierungschef bekam aber bei der jüngsten Wahl von den Italienern einen Denkzettel und stürzte auf gut zehn Prozent ab. Monti macht auch keinen Hehl daraus, wie sehr ihm der Parteienstreit und die Kritik an seinen Reformen zugesetz haben: „Ich kann es kaum erwarten, vom Regieren erlöst zu werden“, so Monti.

Also doch Neuwahlen? Die will Napolitano nicht. Denn der Präsident will das Land geordnet übergeben, wenn er im Mai aus dem Amt scheidet. So kurz vor seiner Ablösung darf Napolitano das Parlament auch gar nicht mehr auflösen. Das müsste der Nachfolger erledigen. Und bis zu den Wahlen im Sommer müsste wohl der amtsmüde Monti weitermachen.

 

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