Istanbul: Peter Steudtner weist Terrorvorwürfe von sich

Der Prozess gegen den in der Türkei im Gefängnis sitzenden deutschen Menschenrechtler Steudtner beginnt. Ein Testfall für die deutsch-türkischen Beziehungen. Kommt er nicht auf freien Fuß, rechnen viele mit einer weiteren Eskalation.
von  dpa

Istanbul - Nach 100 Tagen Untersuchungshaft in der Türkei und unter großer internationaler Aufmerksamkeit hat der Prozess gegen den Deutschen Peter Steudtner und zehn weitere Menschenrechtler begonnen.

Der in der Türkei inhaftierte deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner hat vor Gericht die Terrorvorwürfe gegen ihn zurückwiesen. "Ich habe nie in meinem Leben irgendeine militante oder terroristische Organisation unterstützt", sagte er an diesem Mittwoch vor dem Istanbuler Gericht. Steudtner verteidigte sich auf Englisch, eine Übersetzerin übersetzte die Aussagen ins Türkische. Seine Arbeit als Menschenrechtstrainer sei in den vergangenen 20 Jahren stets auf Menschenrechte, Gewaltfreiheit und Friedensbildung ausgerichtet gewesen.

Steudtner kündigt Kooperationsbereitschaft an

Sein Fokus habe zudem auf afrikanischen Ländern gelegen. Er habe in den vergangenen fünf Jahren in Mosambik, Angola, Kenia, Palästina, Nepal und Myanmar gearbeitet. "Ich habe mich nie auf türkische Organisationen konzentriert oder mit ihnen gearbeitet", sagte er. Steudtner bedankte sich zudem beim Gericht, dass er die Möglichkeit dazu habe, sich zu verteidigen. Er betonte seine Bereitschaft zur Mitarbeit bei dem juristischen Prozess, wie er es bisher getan habe.

Steudtner und zehn weiteren angeklagten Menschenrechtlern wird "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation" beziehungsweise "Unterstützung von bewaffneten Terrororganisationen" vorgeworfen. Dafür drohen ihnen nach unterschiedlichen Einschätzungen zwischen 10 und 15 Jahren Haft. Am 5. Juli war Steudtner bei einem Workshop für Menschenrechtler in Istanbul festgenommen worden. Seit 18. Juli sitzt er in Untersuchungshaft.

Der Menschenrechtler gehört zu mindestens elf Deutschen, die in der Türkei aus politischen Gründen inhaftiert sind. Namentlich bekannt sind noch der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel und die Übersetzerin und Journalisten Mesale Tolu.

Türkei bittet um Fristverlängerung für Häftlinge

Die Türkei hat den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte um eine Fristverlängerung im Fall des inhaftierten Journalisten Deniz Yücel gebeten. Die Regierung habe um weitere sechs Wochen Zeit für ihre Stellungnahme zur Beschwerde des deutschen "Welt"-Korrespondenten gebeten, teilte eine Gerichtssprecherin am Mittwoch in Straßburg mit. Über den Antrag sei noch nicht entschieden worden. In den Fällen mehrerer anderer inhaftierter Journalisten wurde eine Verlängerung um drei Wochen gewährt.

Yücel sitzt seit acht Monaten in der Türkei in Untersuchungshaft, die mit dem Verdacht der Terrorpropaganda und der Volksverhetzung begründet wird. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan beschuldigte den Journalisten, ein Terrorist und Spion zu sein, ohne dafür Beweise zu präsentieren. Eine Anklage ist bisher nicht erhoben worden.

Sollte der Menschenrechtsgerichtshof zu dem Schluss kommen, dass die Inhaftierung menschenrechtswidrig ist, wäre die Türkei als Mitglied des Europarats zur Freilassung des Journalisten verpflichtet.

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