Ist Passau bald ein riesiges Flüchtlingslager?

Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) hält Transitzonen für kaum realisierbar.
Dort, wo sie womöglich entstehen sollen, ist man wenig erfreut über die von der CSU geforderten Transitzonen für Flüchtlinge. In Passau haben die Stadträte nun eine Stunde lang über die Wartezentren an der Grenze diskutiert und – bis auf die CSU-Vertreter – waren sich alle darüber einig: Nein, mit uns nicht! CSU-Stadtrat Andreas Scheuer, der am Vorabend in seiner Funktion als CSU-Generalsekretär bei Günther Jauch die Transitzonen als wirksame Notbremse gegen den Flüchtlingszulauf verteidigt hatte, bleibt in Passau weiterhin die Antwort schuldig, wie diese Zentren eigentlich aussehen sollten. Stattdessen weicht er aus. Die Innenminister der Länder, Vertreter aller Parteien würden daran arbeiten, sagt er.
Sein Bundestagskollege Christian Flisek (SPD), ebenfalls Passauer Stadtrat, wird dagegen konkret. Es gäbe bis dato nur die Vorlage von Transitzonen, wie wir sie von Flughäfen kennen. Dort sei die Personenzahl überschaubar, unter Ausschöpfung aller Rechtsschutzmöglichkeiten würden die Verfahren im Schnitt drei bis vier Wochen dauern. Wer glaubt, er könne solche Verfahren für eine Masse von Menschen an der Grenze einführen, betreibe Augenwischerei. „Mir fehlt jede Vorstellung, wie das aussehen sollte“, betont er. Die Flüchtlinge müssten in „gigantisch riesigen Lager“ untergebracht und dort für mehrere Wochen versorgt werden.
Skepsis über die Zonen herrscht auch im Berchtesgadener Land
Was eine Transitzone für eine Grenzstadt wie Passau bedeuten könnte, schildert OB Jürgen Dupper (SPD). Selbst das Dreiflüssestadion der Stadt würde als „Zwischenlager“ nicht ausreichen, erklärt Dupper. Medien von Berlin bis London hätten bei ihm angerufen. Die Reporter wollten wissen, wie so eine Transitzone an der Grenze aussehen würde. Er habe es keinem erklären können, weil sich bislang keiner der Befürworter darüber konkret geäußert hat. Dupper greift zum Szenario, die Transitzone eines Flughafens auf den Passauer Bahnhof zu übertragen. Hier kommen jede Woche 20 000 Flüchtlinge an. Selbst wenn man es schaffen würde, die 20 Prozent abzuscheiden, die nicht aus Syrien, Afghanistan oder Irak kommen, verblieben 4000 zu klärende Asylanträge pro Woche. Ein Beamter des Bundesamtes für Migration schaffe vielleicht zehn Leute am Tag.
„Wo will man die vielen Mitarbeiter hernehmen, wohin sie setzen? Für die Stadt Passau kann es bedeuten, dass wir schlimmstenfalls auf Dauer ein riesengroßes Flüchtlingslager sind“, warnt er. Weder die bayerische noch die Bundespolizei sei logistisch und personell in der Lage, eine solche neue Aufgabe zu bewältigen, sagt FWG-Stadtrat und Kripobeamter Siegfried Kapfer. Die Kollegen seien am Ende, manche hätten seit zehn Wochen kein freies Wochenende mehr gehabt. Als Scheuer das Wort ergreift, dafür wirbt, die Idee einer Transitzone nicht in Bausch und Bogen zu verurteilen, verlässt eine SPD-Stadträtin den Saal. „Ich kann das nicht mit anhören“. Flisek schaltet sich ein, der Vorstoß der CSU sei ein „Spiel mit dem Feuer“ für unsere Region. Und zudem im Schengen-Raum rechtswidrig nach den europäischen Gesetzen.
Nicht nur die Passauer Politiker blicken skeptisch auf die CSU-Pläne. Auch im Berchtesgadener Land wird an der Umsetzung der Transitzonen gezweifelt. CSU-Landrat Georg Grabner erklärt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir 10 000 oder 20 000 Menschen hier in unmittelbarer Nähe der Grenze in so einer Transitzone haben.“ Das größte Problem seien geeignete Räumlichkeiten: „Ich sehe jetzt für den Landkreis Berchtesgadener Land keine Liegenschaften, die 10 000 Menschen unterbringen könnten.“