Ist der Aufstand gescheitert?

TEHERAN - Die Proteste im Iran flauen allmählich ab. Es werden immer weniger, die auf die Straße gehen und ihren Unmut zeigen. Aber im System des Regimes zeigen sich Risse.
Am Anfang waren es Millionen, die auf die Straße gingen. Am Donnerstag trauten sich nur noch ein paar hundert Mutige, und ihre kleinen Gruppen wurden schon auf den Zufahrtsstraßen von Motorradeinheiten so erfolgreich auseinandergeknüppelt, dass die Kundgebung nicht mehr stattfand. Die Proteste im Iran scheinen vom Regime vorerst erfolgreich gewaltsam abgewürgt worden zu sein.
Angesichts der Übermacht der Sicherheitskräfte hat die Grüne Welle auf den Straßen an Schwung verloren. Einen für gestern geplanten Trauerzug für die Todesopfer sagte die Opposition ab.
"Wenn ich wieder laufen kann, komme ich zurück"
Ihr Anführer Mir Hossein Mussawi berichtet auf seiner Homepage, dass er unter einer Art Hausarrest stehe: Sein Zugang zum Volk sei „völlig eingeschränkt“. Er werde vom Regime unter Druck gesetzt, die Wahl anzuerkennen. „Es kann keine Lösung sein zu erwarten, dass ich etwas äußere, was ich nicht glaube.“ Nach Informationen der Opposition sind 70 Professoren nach einer Versammlung festgenommen worden.
Viele der iranischen Twitterer sind dabei, die Hauptstadt zu verlassen: „Müssen weg. Zu gefährlich. Wenn sie einen von uns fangen, foltern sie ihn nach den Namen der anderen“, schreibt „persiankiwi“. „Danke, Unterstützer in aller Welt. Behaltet uns in Erinnerung. Allah ist der Schöpfer, zu ihm kehrt alles zurück.“ „change-for-iran“ entschuldigt sich für das tagelange Schweigen, er sei von Bassidschi-Milizen zusammengeschlagen worden: „Wenn ich wieder laufen kann, komme ich zurück nach Teheran.“ Und: „An alle: Das ist nicht das Ende. Es kann kein Ende geben, bis wir haben, was uns rechtmäßig gehört.“
Abgeordnete boykottieren Ahmadinedschad
Damit scheint sich das Regime vorerst durchgesetzt zu haben. Doch werden erste Risse sichtbar: 105 von 290 eingeladenen Abgeordneten boykottierten aus Protest die Siegesfeier von Mahmud Ahmadinedschad, darunter Parlamentspräsident Ali Laridschani. Der prominenteste Ahmadinedschad-kritische Ayatollah, Hossein Ali Montaseri, warnte die Behörden öffentlich, dass die gewaltsame Unterdrückung der Proteste keine langfristige Lösung sei. „Wenn Menschen ihre Forderungen nicht friedlich vortragen dürfen, kann dies das Fundament einer Regierung zerstören.“
Aus Protest gegen die blutige Zerschlagung der Demonstrationen hat die US-Regierung nun die Einladungen an iranische Diplomaten zu den 4.-Juli-Feiern zurückgezogen – es wäre das erste Mal seit 30 Jahren gewesen. tan