Israelische Diplomatin Talya Lador-Fresher in München: "Mich stört es, wenn man mit dem Finger auf uns zeigt"

Der Iran spricht von einem einmaligen Anschlag. Braucht es überhaupt einen Gegenschlag?
Sie haben die ganze Welt so oft öffentlich angelogen – warum sollte man dem Mullah-Regime diesmal glauben? Sie streben die Atombombe an und das wäre eine Katastrophe für unsere Region. Auch dazu hat Iran gelogen. Ich habe kein Vertrauen in dieses Regime.
Wie kann Israel sich wehren, ohne dass der Konflikt eskaliert?
Das iranische Regime ist nicht nur eine Herausforderung für Israel. Man sollte auf die Region blicken: Der Iran destabilisiert den ganzen Nahen Osten, indem er terroristische Akteure steuert, und ist damit das Kernproblem. Er finanziert, trainiert und bewaffnet seine vielen Stellvertreter wie die Hamas, den Islamischen Dschihad, die Hisbollah und die Huthis. Dass das Land so eine destabilisierende Kraft ist, konnte man schon vor dem Angriff sehen – und jetzt umso mehr. Wir behalten uns das Recht vor, angemessen zu antworten.

Israels Generalkonsulin in München stört es, "wenn man mit dem Finger auf uns zeigt"
Stört Sie die Rhetorik, in der gleich vor einer Eskalation gewarnt wird? Ähnlich war es ja nach dem 7. Oktober.
Ich möchte auch Frieden und keine Eskalation. Natürlich! Gleichzeitig stört es mich, wenn man mit dem Finger auf uns zeigt.
Rechnen Sie damit, dass die Hisbollah auch im Norden massiver als bisher angreift?
Das, was meist bloß als "Zwischenfälle" bezeichnet wird, ist massiv: 100.000 Israelis sind aus dem Norden evakuiert worden und ein Ende dieses Ausnahmezustands ist nicht in Sicht. In den Medien ist jetzt mit dem massiven Angriff des Iran der Fokus ein anderer: Am Wochenende waren 185 Selbstmorddrohnen, 110 ballistische Raketen, 36 Marschflugkörper im Einsatz – das war beispiellos.
Talya Lador-Fresher fordert, die Revolutionsgarden anders einzustufen
Welche Art von Unterstützung erwarten Sie von der EU, von Deutschland und den USA?
Wir sind dankbar für die Unterstützung, die wir bekommen haben. Sowohl diplomatisch als auch militärisch. Wir sind der Meinung, dass unsere Freunde, auch Deutschland und Europa, Sanktionen gegen den Iran verhängen sollten. Ich weiß, dass das Regime im Iran von vielen Deutschen kritisch gesehen wird. Aber man muss noch konsequenter sein und hinterfragen, mit wem man Geschäfte macht. Zudem sollten die iranischen Revolutionsgarden von der internationalen Gemeinschaft als Terrororganisation eingestuft werden.
Israels Hamas-Geiseln: "Kaum zu ertragende Situation"
Wie können die Geiseln noch gerettet werden und welche Rolle spielen dabei die Angriffe?
Danke für diese Frage, das ist eine ganz wichtige Frage! Es geht nicht um einen Austausch, sondern um eine Rückkehr, das ist mir wichtig! Der Begriff Geisel-Austausch passt deshalb nicht, weil es nur israelische Geiseln gibt. Die palästinensischen Gefangenen, die im Gegenzug aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden sollen, sind Terroristen. Wir haben leider erfahren, dass die Hamas den letzten Rückkehr-Deal abgelehnt hat. Verhandelt wird mit Hilfe von Ägypten und Katar, aber die Hamas hat einen guten Kontakt zum Iran und wird von ihm finanziert. Ich sehe dennoch keine direkte Linie zwischen dem Angriff und dem gescheiterten Deal. Wir alle hoffen, dass sich die Hamas noch besinnt. Auch mit Blick auf ihr eigenes Volk, die Palästinenser. Ein Deal wäre mit einem Waffenstillstand verbunden, das ist allen klar. Aber dazu braucht es eine positive Antwort der Hamas. Nicht einmal dem Roten Kreuz wurde von der Hamas Zugang zu den Geiseln gewährt. Es kursieren zudem Videos von Geiseln, von denen wir wissen, dass sie schon ermordet wurden. Für meine Landsleute und mich ist das eine kaum zu ertragende Situation.