Israel hat die Wahl: Mit Zipi gegen Bibi?
TEL AVIV - Israel steht vor einer spannenden Woche: Schafft es Außenministerin Livni, den Hardliner Netanjahu zu stoppen? Vom Ergebnis hängt viel ab
Im Boxsport gibt es den alten Spruch „They never come back“. Doch in der Politik ist es anders, hier kann aus Schwergewichten auch nach herben Niederlagen noch einmal was werden – zum Beispiel in Israel. Vieles spricht dafür, dass morgen in Israel der von vielen ungeliebte Hardliner, Ex-Regierungschef Benjamin „Bibi“ Netanjahu, an die Macht zurückkehrt. Wenn es nicht seine Widersacherin, Außenministerin Zipi Livni, noch schafft, ihn zu stoppen.
Es gibt auf der Welt keinen anderen Zwergstaat, in dem eine vorgezogene Parlamentswahl auf derart großes weltweites Interesse stößt. Die AZ erklärt, was die Wahl in Israel für den Nahen Osten und die Welt bedeutet.
Steht Israel vor einem Rechtsruck? Eigentlich schien die Sache klar zu sein. Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Ehud Olmert sollte Zipi Livni an seine Stelle als Vorsitzende der größten Regierungspartei, der konservativen Kadima, und als Regierungschefin treten. Doch dann gelang es ihr nicht, eine Koalition zu bilden – deswegen gibt es jetzt die Neuwahlen. Oppositionsführer Netanjahu vom rechtsgerichteten Likud-Block sammelte unterdessen Sympathien: Er unterstützte die Regierung im Gazakrieg und profilierte sich zugleich als härtester Gegner der palästinensischen Hamas.
Was sagen die Umfragen? Es wird knapp. Momentan liegt Netanjahus Likud bei großen Zugewinnen knapp vor Livnis Kadima. Livni holt derzeit noch auf, trotzdem ist es fraglich, ob sie Netanjahu vom Sprung ins Ministerpräsidentenamt abhalten kann. Von der absoluten Mehrheit sind allerdings beide weit entfernt.
Bekommt Israel endlich eine stabile Regierung? Kaum. Das israelische Wahlrecht lässt alles ins Parlament, was die Zwei-Prozent-Hürde überspringen kann. Deswegen ist die jeweilige Regierung stets auf kleine radikale Parteien angewiesen, Koalitionen platzen daher schnell. In den vergangenen zehn Jahren musste fünf Mal neu gewählt werden.
Was bringt die Wahl für den Friedensprozess? Vermutlich wird alles noch komplizierter. Im Krieg gegen die Hamas stand zwar fast ganz Israel hinter dem harten Vorgehen der Armee. Trotzdem gibt es gravierende Unterschiede. Während sich Livni für die Zwei-Staaten-Lösung einsetzt, also für einen selbstständigen Palästinenser-Staat, hat Netanjahu schon nach seiner ersten Wahl zum Ministerpräsidenten 1996 den Friedensprozess auf Eis gelegt. Er ist sogar für den Ausbau der jüdischen Siedlungen im Westjordanland, wegen des „natürlichen Wachstums“ der israelischen Bevölkerung.
Die Kandidaten im Überblick
Benjamin „Bibi“ Netanjahu war schon von 1996 bis 1999 Regierungschef. Sein Bruder Jonathan starb bei der legendären Geisel-Befreiung auf dem Flughafen von Entebbe. Der 51-Jährige gilt nicht zuletzt deswegen als Hardliner, der im Zweifelsfall lieber gegen die Palästinenser vorgeht, als mit ihnen zu verhandeln. 2006 ging sein Likud-Block mit neun Prozent unter, jetzt liegt er in den Umfragen vorne.
Zipi Livni gilt als ausgleichend und sanft und ist deswegen über die Parteigrenzen hinweg beliebt. Genau das aber macht es fraglich, ob die Wähler die Tochter eines früheren Untergrundkämpfers gegen die britische Mandatsmacht wirklich an die Regierungsspitze bringen. Der Traum der 50-Jährigen wäre es: Sie möchte nach Golda Meir die zweite Frau werden, die das Land regiert.
Ehud Barak galt noch vor kurzem als erledigt, weil er seine Arbeiterpartei auf historische Tiefststände geführt hatte. Steigende Werte brachten auch den 66 Jahre alten Verteidigungsminister wieder nach vorne. Er ist ein altes Schlachtross in Israels ständigem Überlebenskampf. 1972 stürmte seine Einheit eine entführte Maschine, Olympiaattentäter jagte er in Beirut als Frau verkleidet.
Avigdor Lieberman[ ist die schillerndste Figur des Wahlkampfs. Der Ultranationalist will mit seiner Partei Israel Beiteinu (Unser Haus Israel) überwiegend arabisch bewohnte Gebiete aus Israel ausgliedern. Wer bleibt, soll einen „Treueeid“ leisten. Umfragen sehen den 50-jährigen Moldawien-Einwanderer, der mit starkem russischem Akzent spricht, auf Platz drei – in der Rolle des Königsmachers.
mue
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